Berlin-Schöneweide: Im Wasser für den Landweg

Fast 200 Menschen schwimmen in Schöneweide in der Spree, damit der Uferweg für die Öffentlichkeit zugänglich wird

Die Forderung der Bürgerinitiative Schöneweider Ufer ist klar: »Ufer frei«.
Die Forderung der Bürgerinitiative Schöneweider Ufer ist klar: »Ufer frei«.

Platsch, platsch, platsch – eine Person nach der anderen hopst am Samstagmittag in die Spree. Die ungewöhnliche Badegruppe sammelt sich im Wasser und schwimmt dann los. »Ufer frei! Ufer frei!« ist die Parole des Tages, die dabei gerufen wird. Im Treptow-Köpenicker Ortsteil Oberschöneweide demonstrieren am Samstag 189 Menschen und ein Hund auf dem Wasserweg, denn es fehlt ihnen der Uferweg zwischen Kaisersteg und Hochschule für Technik und Wirtschaft. Genau den will die Bürgerinitiative Schöneweider Ufer mit ihrer Schwimmdemonstration erkämpfen.

»Ich finde das eine ganz tolle Sache. Ich wohne hier und würde gern am Ufer entlanglaufen«, sagt Yvonne Beccard zu »nd«, während sie durch das Wasser gleitet. Sie zeigt auf die 300 Meter Spreeufer, die zurzeit nicht für die Anwohnenden begehbar sind. Dort stehen einige alte Industriegebäude. Das Ufer selbst ist eigentlich frei, aber durch Zäune abgesperrt. »Es ist überhaupt nicht ersichtlich, wie das Ufer gerade von der Firma dort genutzt wird. Es sieht nicht so aus, als bräuchte man dort den direkten Zugang zum Wasser.«

Viele Anwohner*innen nehmen an der ungewöhnlichen Demonstration teil. Direkt um die Ecke des umkämpften Gebiets wohnen auch Philon und Moritz, die sichtlich Spaß haben und laut mitrufen, während sie durch die Spree schwimmen. »Es ist toll, dass hier auch mal was los ist. Schöneweide ist echt schön, aber es kommen nicht so viele Menschen her«, sagt Philon zu »nd«. Beide finden, dass der Uferweg endlich her muss, damit es noch schöner wird in ihrer Nachbarschaft.

Nach einer Strecke von etwa 500 Metern im Wasser kommen die Demonstrierenden schließlich unter dem Kaisersteg hervor und klettern an Land, wo parallel das Schöneweider Brückenfest stattfindet. Der Kaisersteg selbst ist die Errungenschaft einer Schwimmdemonstration am selben Ort vor 21 Jahren. Schon damals wollte man zusätzlich zur Brücke auch ein begehbares Ufer. Nun könnte dieses Ziel tatsächlich bald erreicht werden, heißt es von Bezirksstadträtin Claudia Leistner (Grüne), die nach der Demonstration auf der Bühne spricht.

»In etwa zwei Wochen werde ich ein Gespräch mit dem Eigentümer des Grundstücks führen. Ich hoffe sehr, dass wir dann eine Lösung für das Ufer finden«, sagt Leistner, die im Bezirk für Stadtentwicklungsfragen zuständig ist. Wenn man sich gar nicht einigen könne, müssten alle planungsrechtlichen Mittel geprüft werden, um das Ufer für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. »Dass so viele Menschen heute mitgeschwommen sind, zeigt, wie wichtig das Anliegen ist.«

Seit langem schon versuche Treptow-Köpenick, sich mit dem Eigentümer zu einigen, sagt Leistner zu »nd«. Anfang des Jahres habe sie einen neuen Versuch gestartet, jetzt habe der Eigentümer selbst ein Gesprächsangebot gemacht, um Planungsideen gemeinsam zu besprechen. »Der Uferweg wäre eine echte Bereicherung für die Allgemeinheit. Nach der Aktion heute ist es für mich noch einmal mehr Auftrag, das Anliegen mit Priorität anzugehen«, sagt Leistner.

Die Bürgerinitiative Schöneweider Ufer bleibt misstrauisch, ob tatsächlich schnell eine Lösung gefunden wird. »Ich hoffe, dass Claudia Leistner ihre Versprechen hält. Es gibt den Beschluss, die Uferwege frei zugänglich zu machen, schließlich schon seit 2009. Wie lange sollen wir nach warten?«, so Catharina Rubel von der Initiative zu »nd«.

Rubel freut sich, dass fast 200 Menschen mit der Initiative geschwommen sind. Jetzt müsse weiter Druck aufgebaut werden. »Die Ufer sind für alle da und die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, sie nutzen zu können.« Weitere Teilnehmer*innen fordern, dass der Bezirk, sollte kein Kompromiss gefunden werden, zu härteren Maßnahmen greift: Im Zweifelsfall müsse enteignet werden, sagt eine Person auf der Bühne unter Applaus.

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