Tempelhofer Feld in Berlin: Stimmen gegen die Bebauung

Preisträger des Ideenwettbewerbs wollen Privatisierung des ehemaligen Flughafens verhindern

Die alten Straßen und Start- und Landebahnen des ehemaligen Flughafens Tempelhof werden von vielen zum Rollschuh- und Inlinerfahren genutzt.
Die alten Straßen und Start- und Landebahnen des ehemaligen Flughafens Tempelhof werden von vielen zum Rollschuh- und Inlinerfahren genutzt.

Beim Architektur-Ideenwettbewerb zur Zukunft des Tempelhofer Feldes sehen vier von sechs Sieger-Entwürfen keine Bebauung vor. Deren Urheber erklären nun, dass für eine Umsetzung ihrer Entwürfe keine Änderung des Tempelhofer-Feld-Gesetzes nötig sei. Das ist ihnen wichtig. Denn sie befürchten, dass eine etwaige Änderung des Gesetzes zum Erhalt des ehemaligen Flughafens als Freifläche den Weg für eine Bebauung öffnen könnte.

»Unsere Entwürfe dürfen nicht als Vorwand genutzt werden, um das Gesetz zu ändern und eine Randbebauung auf dem Feld durchzusetzen«, erklären die Preisträger-Teams Some Place Studio, FWD Landscape Architecture, Raumlabor, Franz Rechke Landschaftsarchitektur und BBZ Landschaftsarchitekten. Sie richten sich damit gegen eine mögliche Privatisierung des Tempelhofer Feldes und wollen das Gesetz beibehalten, das 2014 durch einen Volksentscheid eingeführt wurde.

»Wir befürchten, dass unser Engagement im Dialogprozess dazu missbraucht wird, um eine Bürgerbeteiligung vorzutäuschen.«

Erklärung von knapp 40 Teilnehmenden am Dialogprozess

Nach der Auswahl der sechs Gewinner-Entwürfe des Ideenwettbewerbs fand am Wochenende die dritte sogenannte Dialogwerkstatt statt. An dem von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung initiierten Dialogprozess können 275 ausgeloste Berliner*innen die künftige Entwicklung des Feldes diskutieren. In den ersten beiden Dialogwerkstätten sprachen sich die Teilnehmenden bereits mehrheitlich gegen eine Bebauung aus.

Am Sonntag unterzeichneten nach Angaben der Organisation Architects 4 THF knapp 40 von etwa 80 Anwesenden eine Erklärung zum Dialogprozess, in der sie sich ebenfalls gegen eine Bebauung aussprechen. »Wir befürchten, dass unser Engagement im Dialogprozess dazu missbraucht wird, um eine Bürgerbeteiligung vorzutäuschen«, heißt es in der Erklärung vom 13. Juli.

Den Teilnehmenden reicht es nicht, dass im Dialogprozess nur unverbindlich unterschiedliche Vorschläge erarbeitet und diskutiert werden sollen. »Wir möchten, dass die Ablehnung der Bebauung und der Erhalt des Tempelhofer-Feld-Gesetzes durch die Mehrheit der Teilnehmenden in diesem hoch kontroversen und potenziell den sozialen Frieden der Stadt gefährdenden Prozess anerkannt wird.«

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Die Unterzeichner*innen misstrauen dem schwarz-roten Senat, wirklich dem Willen der im Dialogprozess theoretisch repräsentierten Berliner Bevölkerung zu folgen, weil sowohl der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) als auch Bausenator Christian Gaebler (SPD) sich bereits für eine Randbebauung ausgesprochen haben. Gleichzeitig sind weder die Ergebnisse des Dialogprozesses noch die des Ideenwettbewerbs verbindlich. »Die Bebauung ist anscheinend längst beschlossen und der Dialogprozess nur eine Waffe zur Durchsetzung dieses Ziels«, so die Kritik. Es scheine, als solle diskutiert werden, bis das Ergebnis passe.

Die Wohnungsnot sei keine hinreichende Begründung für eine Wohnbebauung des Tempelhofer Feldes, so die Unterzeichner*innen. »Berlin hat keinen Mangel an Baugrundstücken, sondern ein Problem mit zu hohen Mieten, das durch politische Entscheidungen und Versäumnisse eskaliert ist.« Statt der Bebauung des Flughafengeländes sei es notwendig, konsequent gegen Zweckentfremdung, Ferienwohnungen und möblierte, befristete Vermietung vorzugehen.

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