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Berlins Fast and Furious
Auch Senatoren sollten mehr Bahn fahren. Ein Kommentar
Wer erinnert sich noch an Berlins »scheinheilige« Verkehrssenatorin, wie die »B.Z.« sie nannte? Als Bettina Jarasch (Grüne) den geschützten Radstreifen auf dem Tempelhofer Damm im vergangenen Oktober einweihte, ließ sie sich mit dem Dienstwagen zum Termin kutschieren, um dann für die Presse aufs Rad zu steigen. Für den Boulevard ein Skandal. »Wenn ich alle Termine mit dem Fahrrad machen würde, könnte ich nur die Hälfte davon wahrnehmen«, sagte Jarasch damals. –
Doch wenn man schon mit dem Auto gefahren werden muss, dann doch wenigstens mit einem Dienstwagen, der nicht so viel verbraucht. Da fährt die Senatsverkehrssenatorin elektrisch mit einem Tesla voraus. Auf dessen Rückbank hat nun Jaraschs Nachfolgerin und »Freizeitradlerin« Manja Schreiner (CDU) Platz genommen.
Höchstgeschwindigkeit kann Schreiner nicht nur beim Abräumen von Radwegen zeigen. In einem Rennen würde ihr Dienstwagen die der anderen Senatoren abhängen. Selbst der Audi von Iris Spranger (SPD) hätte keine Chance – aber die Innensenatorin macht ja ohnehin auf ihren Fahrten gern Zwischenstopps, um mal mit den Einsatzkräften am Wegesrand auf Tuchfühlung zu gehen.
Dafür ist der A8 von Spranger, ein Modell auf das auch der Regierende Bürgermeister setzt, der Dienstwagen mit dem größten CO2-Ausstoß. Was aber nicht daran liegt, dass Spranger die Klimaaktivisten der Letzten Generation ärgern will, sondern an der Panzerung des Dienstwagens.
Nun erwartet der Autor dieser Zeilen nicht, dass Politiker mit dem »besten Beispiel« vorangehen. Gute Arbeit zu machen, würde schon reichen. Dafür würde es aber mitunter helfen, des Öfteren mal die Karre stehen zu lassen und mit Bahn und Bus zum Termin zu fahren. Dann könnte man sich ein Bild machen von überfüllten und hitzigen Bussen, zu spät kommenden Straßenbahnen oder ausfallenden Regionalzügen. Vielleicht kommen da ja Erkenntnisse, die bislang auf den Rücksitzen gekühlter und mit einer für Bahnfahrer ungekannten Beinfreiheit ausgestatteter Limousinen ausbleiben.
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