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Fabian Wolff und das verschobene Kräfteverhältnis
Über (falsche) Identität im deutschen Diskurs
Vielleicht ein mutiger Schritt: Fabian Wolff, jahrelang als junger deutsch-jüdischer Intellektueller in zahlreichen Medien präsent, outet sich in einem »Zeit Online«-Essay als ganz gewöhnlicher Goj. Er habe selbst lange an sein eigenes Jüdischsein geglaubt, sei dann aber bei Recherchen zu seiner Familienbiografie auf die Wahrheit gestoßen. Wohlgemerkt waren diese Recherchen, wie sich den Zeilen ebenfalls entnehmen lässt, erst durch Druck aus der jüdischen Community ausgelöst worden.
Brisant ist die Sache, weil Wolff in politischen Debatten oft explizit als Jude seine Argumente vortrug. So zweifelte er aus dieser Position heraus etwa die Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance an, die betont, dass sich Erscheinungsformen von Antisemitismus auch gegen den Staat Israel richten können. Man kann natürlich einwenden: Sowohl jüdische als auch nichtjüdische Menschen kommen in dieser Frage zu unterschiedlichen Positionen und können zum Beispiel zionistisch oder antizionistisch sein. Doch Wolffs vermeintlich jüdische Stimme, die in Deutschland als solche viel zählt, hat dieses Kräfteverhältnis verschoben. Das ist insofern problematisch, als dass Wolff – wie man seinem Text nun entnehmen kann, was er jedoch vorher anders darstellte – nicht jüdisch sozialisiert wurde. Sein Verhältnis zu Israel und Antisemitismus ist damit von anderen Faktoren geprägt als das der meisten Jüdinnen und Juden in Deutschland.
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