Die Werbekarawane der Tour de France: Löwenbändiger an der Spitze

In der Wagenkolonne der Tour de Franc fährt auch Pierrot Vayne mit – in einem ganz besonderem Auto.

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 3 Min.

Pierrot Vayne hat wohl einen der spektakulärsten Jobs bei der Tour de France. Er chauffiert den Löwen an der Spitze der Werbekarawane. Dessen kleine Brüder sind äußerst begehrt bei den Radprofis. Denn jeder Träger des Gelben Trikots bekommt auch einen Kuschellöwen geschenkt. Und stolz, wie die Teams sind, präsentieren sie diesen dann hinter den Frontscheiben ihrer Mannschaftsbusse. Der von UAE ist schon ziemlich gelb dank der Kuscheltiere, die Adam Yates am Anfang der Rundfahrt gesammelt hat. Auch Jumbo-Visma hat dank Jonas Vingegaard viel Plüsch angehäuft, während im Bora-Bus ein einzelner Löwe vor Einsamkeit fast vergeht.

Pierrot Vayne hat es da besser. Mehr als vier Meter misst die tierische Attrappe in seinem Rücken. »Im Schatten des Löwen fährt es sich gut«, sagt er lächelnd. Seit 2004 kutschiert er ihn durch Frankreich. Position fünf hat er in der Wagenkolonne der Werbekarawane. »Am Anfang hatte ich noch gar keine Vorstellung davon, wie beliebt der Löwe ist. Die Zuschauer sind regelrecht ekstatisch, wenn sie ihn sehen«, erzählt er »nd«. Vayne erfreut sich an den strahlenden Gesichtern, die der Anblick seines Löwen auslöst. »Vor allem die Kinder sind glücklich, und deren Eltern auch«, sagt er. Nicht selten übertreiben es die Fans aber leider auch. Bei seiner ersten Tour mit dem Löwen warf sich ein Zuschauer, der auf der Jagd nach einer gelben Mütze war, fast zwischen die Räder zu Füßen des Löwenwagens.

Im Hauptberuf ist Vayne übrigens Automechaniker. »Ich repariere Lkw«, sagt er stolz. Zu seinem Job gehörte es auch, die Tour-Lastwagen jener Bank zu warten, die als Sponsor des Gelben Trikots auftritt. So kam Vayne auch dazu, sich um den Motor des Löwengefährts zu kümmern. Irgendwann saß er dann selbst an dessen Steuer. »Ich nehme mir extra Urlaub dafür. Es ist zwar auch harte Arbeit, jeden Tag 150 bis 200 Kilometer durch Menschenmengen zu fahren und keine Sekunde unaufmerksam zu sein, denn immer kann etwas passieren. Aber ich nehme gern meine Urlaubstage dafür, denn es macht ja auch viel Freude«, betont er.

Tom auf Tour

Tom Mustroph, Radsportautor und Dopingexperte, berichtet zum 22. Mal für »nd« von der Tour de France.

Allzu überbordend darf sie aber nicht ausfallen. Der Tourorganisator ASO führt fast jeden Tag Alkoholkontrollen bei den Fahrern der Karawane durch. Wer Alkohol im Blut hat, darf zumindest für diesen Tag nicht fahren. Im Startvillage achtet man auch darauf, was getrunken wird. Als sich der nd-Autor mal ein Glas Champagner genehmigt, fragt ein Mann, der im Pavillon nebenan die täglichen Zeitungen ausgibt, gleich besorgt: »Du musst aber heute nicht aufs Motorrad, oder?« Nein, nicht aufs Motorrad, nur als Beifahrer in den Pkw der Kollegin.

In früheren Jahren streikte das Löwenauto häufig. Es hatte schließlich nur den Motor eines Kart-Autos verbaut. Ein Kart-Motor für Galibier und Tourmalet! Vayne schlug einen stärkeren Antrieb vor und wurde erhört. 2023 hatte der Löwe noch keine einzige Panne. Sollte es doch passieren, hat Vayne ja die perfekte Ausbildung zur Lösung des Problems.

Hinter ihm zuckeln noch 145 andere Fahrzeuge der Werbekarawane. Zehn Kilometer ist sie lang, der Abstand zwischen den einzelnen Wagen und auch zwischen den Fahrzeuggruppen, die die einzelnen Sponsoren repräsentieren, ist streng festgelegt. An der Farbe der Winkelemente kann man erkennen, welcher Teil schon durch war. Ist alles noch gelb, war es nur die Löwengruppe, bei roten und grünen Klatschpappen unter den Fans sind auch die anderen Trikotsponsoren schon vorbeigezogen. Vaynes Löwe aber macht immer den Auftakt.

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