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SPD-Innensenatorin Spranger fordert Beweislastumkehr gegen Clans

Organisierte Kriminalität macht zwar nur 0,2 Prozent der Straftaten in Berlin aus, dennoch fordert SPD-Innensenatorin schärfere Gesetze

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat die Beweislastumkehr gegen vermeintliche Mitglieder krimineller Clans gefordert. Mit dem Vorschlag reagierte sie am Samstag auf die Veröffentlichung des Lageberichts zu organisierter Kriminalität der Berliner Polizei. Demnach ist die Anzahl von polizeilich erfassten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität im vergangenen Jahr um 2,7 Prozent auf 872 Fälle leicht gestiegen.

Spranger bezog sich mit ihrem Vorstoß auf das Prozedere der Vermögensprüfung. Wenn ein Verdächtiger ohne Einkünfte und Vermögen eine teure Villa oder Luxus-Autos kaufe, müsste er, wenn es nach der Innensenatorin ginge, den legalen Ursprung des Geldes nachweisen. Das würde in ihren Augen den »Kampf gegen das Phänomen Clankriminalität noch stärken«. Aktuell profitieren Staatsanwaltschaften bei der Strafverfolgung zwar von erleichterter Beweisführung, müssen aber je nach Ermittlungsmaßnahme zuerst die erforderlichen Beweise für den kriminellen Ursprung von Geldern vorlegen.

Da diese Gesetzesänderung nur auf Bundesebene machbar wäre, wandte sich Spranger in ihrer Rolle als Vorsitzende der Innenministerkonferenz an die Bundesregierung. Die antwortete prompt: Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums kündigte gegenüber dem »Tagesspiegel« an, den Vorschlag zu prüfen. Von Sprangers Amtskollegen Herbert Reul (CDU) aus Nordrhein-Westfalen kam sogleich Unterstützung.

Eine Gesetzesverschärfung lässt sich mit dem Berliner Lagebericht nur schwer begründen. Trotz des leichten Anstieges zeigt die Statistik, dass »Clankriminalität« nur 0,2 Prozent der gesamten polizeilich erfassten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten in der Hauptstadt ausmacht. Zudem steht die Polizei schon seit Längerem für die Bestimmung von »Clankriminalität« in der Kritik. Indem sie unter der Kategorie Ermittlungen gegen Menschen erfasse, die sie ausschließlich aufgrund ihres arabischen Nachnamens kriminellen Gruppen zuordnete, verfälsche sie das Gesamtbild. In dem aktuellen Lagebericht haben von den 582 erfassten Milieu-Zugehörigen knapp die Hälfte die deutsche Staatsbürgerschaft, den zweitgrößten Anteil machen Menschen libanesischer Herkunft aus. Bei 18,7 Prozent ist die Nationalität unklar.

Der Lagebericht lässt zudem vermuten, dass zahlreiche Strafermittlungen gegen vermeintliche »Clankriminalität« ins Leere laufen. So kontrollierte die Berliner Polizei 2022 in Zusammenarbeit mit Ordungsämtern, Bezirken, Zoll- und Finanzbehörden 606 Objekte, ein Großteil davon Gewerbeeinheiten. Nur 36 Läden mussten nach Razzien geschlossen werden.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) holte dennoch mit einer weiteren Populismus-Keule aus und verteidigte die selbst in der eigenen Partei umstrittenen Pläne zur leichteren Abschiebung krimineller Clanangehöriger. Um »Clankriminalität« konsequent einzudämmen, müsse der Rechtsstaat »Zähne zeigen« und Kriminelle ohne deutschen Pass schneller ausweisen. Damit bediente die Ministerin das Vorurteil, dass organisierte Kriminalität hauptsächlich von Ausländern ausginge. mit dpa

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