Eine diskriminierungsfreie Ausländerbehörde gibt es nicht

Wer abschiebt, zerstört Menschenleben – wenn sich das Landeseinwanderungsamt gegen Diskriminierung positioniert, klingt das zynisch

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 2 Min.

»Als fortschrittliche Willkommensbehörde steht das LEA etwaigen Vorbehalten aufgrund von Diskriminierungserfahrungen stets offen und wertschätzend gegenüber« – das schreibt die Innenverwaltung in ihrer Antwort auf die schriftliche Anfrage von Elif Eralp, migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, zum Thema Antidiskriminierungsmaßnahmen.

Ich könnte lachen, wenn es nicht so tragisch wäre: Eine Behörde, die seit Jahren in Berlin lebenden Menschen mit jährlich auslaufenden Duldungen jegliche Selbstbestimmung verbaut, die Monat für Monat Menschen aus ihrem Leben reißt und gewaltvoll in ein Land verfrachtet, wo ihnen jede Existenzgrundlage fehlt, eine derart menschenfeindliche Behörde positioniert sich gegen Diskriminierung. Heißt das dann, dass die Mitarbeiterin bei der Planung der Sammelabschiebung gendert? Dass der Zugang zum Abschiebegefängnis barrierefrei gestaltet wird? Dass die Arbeitserlaubnis geschlechtsunabhängig verweigert wird?

Natürlich lohnt es sich, auch in einem schlechten System für kleine Verbesserungen zu kämpfen. Migrant*innen, die auf das LEA angewiesen sind, sollten nicht auch noch zusätzlich einer rassistischen Sachbearbeiterin gegenübersitzen. Doch es wäre falsch, einen respektvollen Umgang mit Antragstellenden als Antidiskriminierung zu missinterpretieren. Denn solange eine Behörde einschätzen darf, ob Fluchtgründe »ausreichen« oder das Herkunftsland »sicher« ist, ob sich eine Person integriert – genauer: sich der deutschen Wirtschaft als nützlich erwiesen – hat oder nicht, solange sie abschiebt, diskriminiert sie qua Existenz.

Am Ende lässt sich alles auf die eine Frage herunterbrechen: Reform oder Revolution? Wenn wir uns eine Welt wünschen, in der sich alle Menschen frei bewegen können, wo sie Schutz vor Armut, Krieg und Umweltkatastrophen finden, wo sie tatsächlich keine Diskriminierung mehr erfahren, ihnen also nicht wegen ihrer Herkunft Grundrechte verwehrt werden – dann dürfte die Antwort klar sein.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal