Zaun um den Görlitzer Park: Drogen bitte draußen bleiben

Ein umzäunter Görli verdrängt nur die sozialen Probleme – doch mit Konsumräumen und »Housing First« gewinnt Berlins Innensenatorin keine Wahlen

Zäune lösen Probleme, weiß Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD). Vor allem wenn es um das Wohl von Frauen und Kindern geht, ist Spranger deshalb kein Zaun zu hoch und kein Vorschlag zu abwegig. Ja, es geht schon wieder – oder immer noch – um den Görlitzer Park. Unsere Law-and-Order-Senatorin will den Park ganz im Sinne des Koalitionsmottos »Sauberkeit und Sicherheit« zu einem Hochsicherheitstrakt umgestalten: Mit nächtlicher Abriegelung, Videoüberwachung an den Eingängen und Flutlichtern soll er so zu einem »Musterpark« werden.

Klar, nachts fühle ich mich alleine im Görli nicht sicher. Manche der Gründe dafür sind berechtigt, andere nicht: So denke ich dort seit der ausführlichen Berichterstattung über die mutmaßliche Gruppenvergewaltigung unvermittelt an sexualisierte Gewalt, obwohl es in anderen Parks nicht seltener zu derartigen Übergriffen kommt. Dass eine suchtkranke und berauschte Person Geld von mir will und mich dabei aggressiv angeht, ist da schon wahrscheinlicher.

Mal ganz abgesehen von der notwendigen Differenzierung zwischen subjektiver und objektiver Sicherheit ändert die Abriegelung von Angsträumen aber nichts an den sozialen Problemen. Denn wo sollen suchtkranke Menschen hin? Schon jetzt schlagen Anwohner*innen Alarm und berichten, dass Konsument*innen immer häufiger nicht mehr im Gebüsch, sondern in ihrem Treppenhaus die Spritze setzen. Auf Brachen, wo die Ausgestoßenen der Gesellschaft früher ihre Ruhe hatten, stehen nun Bürokomplexe. Wenn bald auch noch der Görli wegfällt, verschärft sich die Lage weiter. Doch über einen »Musterpark« zu fantasieren, bringt Spranger wohl am Ende mehr Stimmen, als Geld für diejenigen lockerzumachen, die keine Stimme haben. Konsumräume, aufsuchende soziale Arbeit, Substitutionsmittel und »Housing First« – das alles kostet, aber gewinnt keine Wahl.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal