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Letzte Generation: Berliner Polizei will schneller eingreifen

Die Berliner Polizei will mit Aktivist*innen der Letzten Generation weniger kommunizieren, die Grünen warnen vor Unverhältnismäßigkeit.

»Arrogante Selbstüberschätzung«, »dreiste Ignoranz« – Burkard Dregger wählte harte Worte gegen die Mitglieder der Letzten Generation. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus forderte am Montag im Innenausschuss einen erbarmungslosen Umgang mit den Klimaaktivist*innen.

Sein Wunsch könnte wahr werden. Nachdem die Gruppe vergangene Woche angekündigt hatte, Berlin jeweils vier Tage lang im September, Oktober und November durch Straßenblockaden »lahmzulegen«, präsentierte die Innenverwaltung den Parlamentarier*innen ihre Vorbereitungen. Laut Polizeipräsidentin Barbara Slowik würden Polizist*innen an möglichen Blockadeorten offen und verdeckt die Aktivist*innen erwarten. Sie würden schnell und gezielt eingreifen und »die Kommunikation deutlich verkürzen«.

Vasili Franco, innenpolitischer Sprecher der Grünen, befürchtete unverhältnismäßige Einsätze gegen die Blockierer*innen, wie sie bereits in der Vergangenheit für Aufregung gesorgt hatten. Sogenannte Schmerzgriffe ließen sich nicht rechtfertigen und dürften weder angewandt noch gelehrt werden, bezog sich Franco auf eine Veröffentlichung von Lehrmaterialien der Berliner Polizei von 2005. Abbildungen aus dem »Handbuch Einsatztraining« erklären etwa den Angriff von Schmerzpunkten.

Slowik widersprach: »In der Polizei Berlin wird nicht zu Schmerzgriffen ausgebildet«, beteuerte sie. Bei der Auflösung von Blockaden kämen Griffe und Maßnahmen zum Einsatz, die die Verletzungsgefahr für alle Beteiligten reduzierten. Wenn Schmerzgriffe trainiert würden, dann nur als Mittel der Selbstverteidigung.

Franco zeigte zudem Verständnis für die Aktionen der Letzten Generation. »Junge Leute machen sich Sorgen um unsere Welt, und zwar zu Recht, das sollten wir uns alle mehr zu Herzen nehmen.« Die Blockaden als Gefährdung von Menschenleben darzustellen, verzerre die Realität. So habe es in Berlin laut ADAC 2021 mehr Staus gegeben als 2022, als die Letzte Generation bereits anfing, Straßen zu blockieren. Zugleich hinge die Notsituation der Feuerwehr nicht nur mit der Verkehrslage zusammen. Dass über 1000 Rettungskräfte fehlten, ginge schließlich auf das Konto von Politiker*innen wie dem ehemaligen SPD-Innensenator Andreas Geisel. »Da sagen wir ja auch nicht, der muss ins Gefängnis, weil Menschenleben abstrakt gefährdet werden.«

Laut Slowik hat es seit Anfang 2022 619 Blockaden und andere Aktionen vor allem von der Letzten Generation gegeben. Die Polizei habe 1200 Verdächtige festgestellt und 465 Gefährderansprachen gehalten. 4892 Strafanzeigen seien zusammengekommen. mit dpa

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