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Innenministerium in Sachsen bilanziert »Tag X«
Fast 1000 Verhaftete waren unter 27 Jahre alt
Beim sogenannten »Tag X« hat die Polizei in Leipzig am 3. Juni insgesamt 1323 Personen eingekesselt und festgenommen. Unter ihnen waren 106 Jugendliche unter 18 Jahren. 276 Personen hatten das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet. 612 der Festgenommenen waren zwar volljährig, aber unter 27 Jahren. Diese Zahlen erfuhr die Leipziger Linke-Politikerin Juliane Nagel aus der Antwort des sächsischen Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage zu dem Polizeikessel in Leipzig.
Mehrere Tausend Menschen hatten an jenem Samstag in der Leipziger Innenstadt gegen die Verurteilung von Lina E. und drei weitere Aktivisten im ersten sogenannten Antifa-Ost-Verfahren protestiert. Eine sich formierende Demonstration wurde von der Polizei elf Stunden lang eingekesselt. Zur Begründung hieß es, viele Teilnehmende seien vermummt gewesen. Der Vorwurf gegen diese Personen lautet auf Landfriedensbruch.
Bei den im Kessel festgestellten Personen beschlagnahmte die Polizei laut einer weiteren Antwort auf eine Kleine Anfrage aus der vergangenen Woche 383 Mobiltelefone sowie Speichermedien. Diese hätten als »Gewaltmittel« gedient und sollen forensisch untersucht werden: Das Landeskriminalamt kann daraus unter anderem die Identität unbekannter Teilnehmer in der Versammlung aufklären oder an Fotos von weiteren Demonstranten gelangen.
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Vor einem Monat hatte die Staatsanwaltschaft angekündigt, die beschlagnahmten Geräte zurückgeben zu wollen. Dies sei aber bislang nicht erfolgt, heißt es nun. Betroffene hatten dazu erklärt, dass die Polizei verlangt habe, Passwörter für die Telefone und Speichermedien mitzuteilen, ansonsten kämen Kosten auf diese zu. Nach Paragraf 465 Strafprozessordnung ist dies rechtlich möglich, sofern das Verfahren auch mit einer Verurteilung endet. Bislang habe die Androhung für die in Leipzig Festgenommenen aber keine Konsequenzen gehabt, sagt die Linke-Politikerin Nagel zum »nd«.
Mit Stand von Mitte August haben der Polizei 72 Personen Zugänge zu ihren elektronischen »Gewaltmitteln« zur Verfügung gestellt, heißt es in der Antwort des Innenministeriums. Bei 23 dieser Geräte hat sich die Polizei keinen Zugang verschaffen können, dies habe an »Sperren bzw. technischen Defekten« gelegen.
Angaben zu der beim Auslesen verwendeten Software hält das Ministerium für geheimhaltungsbedürftig, da diese »polizeitaktische Details« enthielten. Würden diese bekannt, könnte ihr »Einsatzwert« geschmälert werden. Soweit bekannt, nutzt aber auch Sachsen die bei der Polizei populären Geräte eines Herstellers aus Israel.
Am »Tag X« hat die Polizei insgesamt 1105 Gegenstände beschlagnahmt, darunter 202 »Bekleidungsstücke« sowie 133 »Vermummungsgegenstände«. Hinzu kommen 31 Brillen, drei Bauchtaschen und 310 Aufkleber, so die Bilanz. Bei einem Betroffenen wurde auch Bargeld sichergestellt. In 18 Fällen habe die Polizei »Sonstige Gegenstände« einbehalten, heißt es in der Antwort. Darunter fielen »Tabakwaren«, »Kleber«, »Kopfschmuck« oder auch Kontaktlinsenflüssigkeit und ein Edding-Stift.
Nagel hält die massenhafte Beschlagnahme für ein »absolut unverhältnismäßiges Vorgehen« der Polizei. Dass die Beschuldigten ihre Sachen und insbesondere ihre Telefone noch nicht zurückbekommen haben, sei »ein weiterer Skandal«.
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