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Hiobsbotschaft: Grundsteuerwird deutlich teurer

Die vom Bundesverfassungsgericht angemahnte Reform der Grundsteuer soll 2025 kommen

  • dpa/nd
  • Lesedauer: 7 Min.
Eigentum: Hiobsbotschaft: Grundsteuerwird deutlich teurer

Die vom Bundesverfassungsgericht vor einigen Jahren angemahnte bundesweite Reform muss »aufkommensneutral« sein. Da der Wert von Grundstücken jedoch neu bewertet wird, kann es sein, dass Immobilienbesitzer im Einzelfall ab 2025 mehr oder weniger Steuern als bis dahin entrichten müssen. Um die Reform vorzubereiten, wurden Grundstücks- und Immobilieneigentümer verpflichtet, Grundsteuererklärungen mit einer Vielzahl von Informationen abzugeben. Die Abgabefrist endete offiziell am 31. Januar 2023.

Hebesatz ist wichtigster Faktor der Grundsteuer

Neben dem Grundstückswert ist der Hebesatz einer der Faktoren für die Berechnung der Grundsteuer. Die Städte und Gemeinden setzen ihn selbstständig fest und bestimmen somit die Höhe der Steuer. Der durchschnittliche Hebesatz – in diesem Fall zur Grundsteuer B – ist im vergangenen Jahr so stark gestiegen wie zuletzt 2016. Der Anstieg betrug fast fünf Prozentpunkte, wie eine Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY ergab. Den höchsten Durchschnittshebesatz hatte im Vorjahr Nordrhein-Westfalen mit 565 Prozent.

Eine Hiobsbotschaft für zahlreiche Immobilienbesitzer, so die Analyseexperten von EY. Denn im Zuge der Grundsteuerreform soll ab 1. Januar 2025 eine neue Grundsteuer erhoben werden. In den meisten Bundesländern erfolgt dies nach dem sogenannten Bundesmodell, in anderen nach eigenen Modellen, die sich stärker nach Flächengrößen oder Bodenwerten richten. Aus den neu ermittelten Grundsteuerwerten, einer Steuermesszahl und dem kommunalen Hebesatz ergibt sich der neue zu zahlende Betrag.

Der EY-Analyse zufolge stieg allein im vergangenen Jahr der durchschnittliche Hebesatz in 13 Prozent der Kommunen. In lediglich einem Prozent der Gemeinden sank der Hebesatz im Vergleich zum Jahr 2021. In Nordrhein-Westfalen erhöhten 26 Prozent aller Gemeinden den Grundsteuer-B-Hebesatz. »Die schlechte Finanzsituation vieler Kommunen erfordert häufig eine Anhebung der Hebesätze, was zu einer Mehrbelastung der Bürger führt«, so Heinrich Fischer von EY. In einigen Bundesländern fiel 2022 der Anteil der Gemeinden mit steigenden Hebesätzen hingegen geringer aus. In den ostdeutschen Kommunen von Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen wurden die Hebesätze am seltensten erhöht. So wurden 2022 in Thüringen lediglich in vier Prozent der Kommunen die Hebesätze erhöht. In Sachsen waren es fünf Prozent und in Sachsen-Anhalt sechs Prozent. Auf der Gegenseite stieg 2022 die Zahl der Kommunen mit vergleichsweise hohen Hebesätzen deutlich an. So hatten 39 Prozent der Gemeinden einen sehr hohen Grundsteuerhebesatz von 400 oder höher. Im Jahr 2005 waren es lediglich fünf Prozent.

Im bundesweiten Schnitt lag der Grundsteuer-Hebesatz vergangenes Jahr bei 391 Prozent und damit 5 Prozentpunkte höher als 2021. Mittlerweile haben 79 Prozent aller Kommunen einen Hebesatz von 350 und mehr. Den Anstieg führen Analysisten auf die klammen Kassen in vielen Kommunen zurück. Im Zuge der gegenwärtigen Neubewertung drohen weitere steigende Grundsteuerwerte und damit sowohl für Immobilienbesitzern als auch Mietern höhere Kosten, wenn nicht gleichzeitig die Hebesätze sinken würden.

Grundsteuerbilanz 2022 in den Ost-Bundesländern

In Brandenburg haben Immobilienbesitzer in den vergangenen Jahren im Schnitt mehr Grundsteuer zahlen müssen. Allerdings fiel der Anstieg deutlich geringer aus als in anderen Ländern. Danach stieg der Hebesatz zur Grundsteuer B in den Städten und Gemeinden Brandenburgs zwischen 2017 und 2022 um durchschnittlich drei Prozent an. Ende 2022 lag der Hebesatz in Brandenburg im Schnitt bei 389 Prozent. Im bundesweiten Vergleich liegt das Land damit im unteren Bereich. Zwischen 2021 und 2022 hob laut Analyse etwas mehr als jede zehnte Kommune die Hebesätze in Brandenburg an. In fast 88 Prozent der Städte und Gemeinden blieb der Faktor unverändert, 1,2 Prozent senkten ihn im selben Zeitraum.

In Sachsen haben Immobilienbesitzer in den vergangenen Jahren im Schnitt mehr Grundsteuer zahlen müssen – auch hier fiel der Anstieg deutlich geringer aus als in anderen Bundesländern. Grund für die höheren Steuern sind gestiegene Hebesätze in zahlreichen Kommunen. So stieg der Hebesatz zur Grundsteuer B in den Städten und Gemeinden des Freistaats zwischen 2017 und 2022 um durchschnittlich ein Prozent an. Ende 2022 lag der Hebesatz in Sachsen im Schnitt bei 427 Prozent und damit im bundesweiten Vergleich im oberen Bereich.

Im vergangenen Jahr hatten nur wenige Kommunen in Sachsen die Grundsteuer erhöht. Im Freistaat gab es in lediglich fünf Prozent der Städte einen Anstieg des Hebesatzes. Das ist bundesweit hinter Thüringen (4,3 Prozent) der geringste Wert. Am höchsten fiel der Grundsteuer-Hebesatz zuletzt mit 650 Prozent in Leipzig aus. Am geringsten war er mit 300 Prozent in Weißenborn (Erzgebirge).

In Sachsen-Anhalt ist der Anstieg der Grundsteuer gering ausgefallen. Grund für die höheren Steuern sind gestiegene Hebesätze in zahlreichen Kommunen. So stieg der Hebesatz zur Grundsteuer B um im Schnitt 1,7 Punkte. Mit einem durchschnittlichen Hebesatz von 393 gehört Sachsen-Anhalt neben Brandenburg, Baden-Württemberg, Bayern und Schleswig-Holstein zu den günstigeren Bundesländern.

In Thüringen sind die Grundsteuer-Hebesätze 2022 im Vergleich der Bundesländer nur leicht gestiegen. Die Grundsteuer hat sich im Vergleich der Bundesländer moderat entwickelt. 2022 haben nur vier Prozent der Städte und Gemeinden ihren Grundsteuerhebesatz erhöht. Im Bundesdurchschnitt waren es 13 Prozent der Kommunen.

Mit einem durchschnittlichen Hebesatz von 397 lag Thüringen 2022 im Mittelfeld der 16 Bundesländer. Auch im Zeitraum zwischen 2017 und 2022 bescheinigten die Wirtschaftsberater dem Freistaat die geringste Veränderung der Grundsteuer mit nur einem Prozent. Zudem drehten in Thüringen die wenigsten Kommunen am Hebesatz und zwar nur jede fünfte. Allerdings liegen auch in Thüringen die Werte der einzelnen Städte und Gemeinden weit auseinander und damit auch die finanziellen Belastungen für Immobilienbesitzer. Den niedrigsten Wert mit einem Hebesatz von 200 hatte im vergangenen Jahr Kirchgandern, ein Ort mit nur etwa 600 Einwohnern im Eichsfeld. Den höchsten Wert im Freistaat wies Gera mit 600 auf.

Auch in den Städten und Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern wird weiter an der Steuerschraube gedreht. So erhöhten im Vorjahr gut 16 Prozent der Kommunen die Hebesätze für die von Hausbesitzern erhobene Grundsteuer B – das war jede sechste der Kommunen. Innerhalb der zurückliegenden fünf Jahre traf dies sogar auf 61 Prozent zu. Der durchschnittliche Hebesatz lag Ende 2022 in Mecklenburg-Vorpommern bei 398. Das war knapp über dem Durchschnitt aller 13 Flächenländer (391).

Die Spanne der Hebesätze ist in Mecklenburg-Vorpommern recht groß. So setzten 25 Kommunen 300 an, darunter Bentwisch bei Rostock und Fincken südlich von Waren/Müritz. Wackerow bei Greifswald hingegen setzte mit 700 mehr als das Doppelte an. Früheren Erhebungen zufolge wurden in Mecklenburg-Vorpommern pro Jahr durchschnittlich 117 Euro pro Kopf fällig, deutschlandweit lag der Wert demnach bei 175 Euro. Rund 200 Millionen Euro pro Jahr spülte zuletzt die Grundsteuer – nach der Gewerbe- und Einkommensteuer die drittwichtigste Einnahmequelle für die Kommunen – in die Kassen von Städten und Gemeinden im Nordosten.

In Berlin fehlen ein halbes Jahr nach Ende der Abgabefrist noch rund
90 000 der Grundsteuererklärungen.
783 000 Immobilienbesitzer – etwa 90 Prozent – haben ihre Erklärungen eingereicht. Etwa 585 000 Bescheide wurden bereits verschickt. »Wenn keine Fristverlängerung im Einzelfall gewährt wurde, muss jeder, der keine Erklärung eingereicht hat, mit einer Schätzung rechnen«, erklärte eine Sprecherin der Finanzverwaltung. »In bedeutenden Fällen können Zwangsgelder angedroht und festgesetzt werden, um die Erklärungsabgabe zu erreichen.« Anhand des festgestellten Grundsteuerwerts könne zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht die Höhe der neuen Grundsteuer berechnet werden, erläuterte die Sprecherin. Denn der aktuelle Hebesatz werde am 31. Dezember 2024 außer Kraft gesetzt. Erst, wenn die Mehrzahl der Berliner Grundstücke neu bewertet wurde – also Ende 2023 oder Anfang 2024 – könnten die sogenannten Messbeträge geprüft und ein neuer Hebesatz ermittelt werden. Erst dann steht also die Höhe der neuen Grundsteuer fest.

Das Fazit: Mit der angestrebten Reform wird sich die Grundsteuer ab 2025 deutlich verändern. Was konkret heißt: Sie wird künftig höher bewertet werden und damit zu steigenden Belastungen für Bewohnerinnen und Bewohner führen, wenn nicht gleichzeitig die Hebesätze in den Kommunen sinken sollten. Von den steigenden Grundsteuern können dann auch Mieterinnen und Mieter betroffen sein, denn Immobilienbesitzer können die Steuern auf sie umlegen. Laut Bundesfinanzministerium werden die Städte und Gemeinden ihre neuen Werte bis zum Herbst 2024 festgesetzt haben. Doch die Sorge vor steigenden Abgaben zieht sich durch alle Bundesländer gleichermaßen.

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