Forderungen der Bundesländer: Unsozialer Blick auf Geflüchtete

Louisa Theresa Braun über die Forderung nach Arbeitszwang und Sach- statt Geldleistungen für Asylbewerber*innen

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 2 Min.

Es grenzt schon an Menschenverachtung, was so manche Politiker*innen sich offenbar vorstellen: Dass Menschen, die in ihren Heimatländern eigentlich gut zurechtkommen, aber gerne mehr Geld hätten, sich überlegen, wohin sie auswandern? Und sich dann, wenn sie vom deutschen Sozialsystem hören, für die Bundesrepublik entscheiden, weil man hier angeblich so gut dran ist, selbst wenn man nicht arbeitet? Dass sie das Mittelmeer überqueren, nur um den ganzen Tag vor dem Fernseher zu sitzen, zwischendurch zum Zahnarzt zu gehen und von dem »geschenkten Geld« auch noch die Familie in der Heimat zu versorgen?

Ganz so drastisch würde es sicher niemand formulieren. Aber wie soll man den populistischen Slogan »Fehlanreize für irreguläre Migration«, von dem in der Beschlussvorlage der Bundesländer die Rede ist, sonst verstehen? Offenbar gehen Politiker*innen wie Manuela Schwesig und Dietmar Woidke (beide SPD) noch immer davon aus, dass das deutsche Sozialsystem ein sogenannter Pull-Faktor ist. Dass Menschen also deshalb genau hierher fliehen und nicht nach Polen oder Frankreich. Für diesen Mythos gibt es jedoch keinen Beleg.

Anders als für die Push-Faktoren, die Menschen aus ihren Heimatländern vertreiben: Krieg, Verfolgung, Armut. Wenn sie dann nach einer lebensgefährlichen Flucht hier ankommen, brauchen viele erst mal »eine Atempause«. Dann würden sie aber sicher gerne arbeiten, für ein anständiges Gehalt, wie jeder andere Mensch in diesem Land. Dass man sie solange finanziell und medizinisch versorgt, hat mit Menschenrechten zu tun; dass sie selbst entscheiden können, wofür sie ihr Geld ausgeben, mit Menschenwürde. Wohin ist eigentlich das »Sozial« der SPD verschwunden?

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