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FC Bayern: Erst Blamage in Saarbrücken, jetzt Borussia Dortmund

Nach dem Pokal-Aus beim Drittligisten kommt der Klassiker in der Bundesliga

  • Maik Rosner, Saarbrücken
  • Lesedauer: 4 Min.
Manuel Zeitz (M.) und Torschütze Marcel Gaus (r.) ließen nicht locker und stoppten die Bayern um Eric Maxim Choupo Moting.
Manuel Zeitz (M.) und Torschütze Marcel Gaus (r.) ließen nicht locker und stoppten die Bayern um Eric Maxim Choupo Moting.

Als es hinterher darum ging, eine dieser Sensationen in der Geschichte des DFB-Pokals einzuordnen, wirkte sogar der sonst so eloquente Thomas Müller fast überfordert. Nach Worten rang der erfahrene Profi des FC Bayern, stockend kamen sie ihm über die Lippen. Wie Müller erging es auch seinem Trainer Thomas Tuchel und den anderen Münchnern. Aber ebenso den Saarbrückern, die ihr Glück kaum fassen konnten und über ihren unglaublichen 2:1 (1:1)-Erfolg gegen den deutschen Rekordmeister und Rekordpokalsieger beinahe ähnlich schockiert waren wie die Bayern über ihr völlig unerwartetes Aus in der zweiten Runde beim Tabellenfünfzehnten der dritten Liga.

»Ich kann es nicht glauben«, stammelte Saarbrückens Torwart Tim Schreiber, »einfach geil.« Kapitän Manuel Zeitz nannte den Sieg als »surreal«. Sein Trainer Rüdiger Ziehl gab umgehend den Partybefehl, andernfalls würde man ihn ja für »bekloppt erklären«.

Möglich geworden war die Ekstase im Ludwigsparkstadion, weil der 1. FC Saarbrücken die frühe Führung des FC Bayern durch Müller in der 16. Minute zunächst in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit durch Patrick Sontheimer egalisiert hatte, ehe Marcel Gaus in Durchgang zwei in der sechsten Minute der Nachspielzeit einen Konter zum 2:1 verwertete. »Es gibt Spiele, da erzählen Leute Jahrzehnte später noch von. Das ist auch so ein Spiel gewesen«, jubelte der Torschütze. Die Dimension des Erfolges war dem 34-Jährigen bereits bewusst. »Eine Milliardenreichweite« erhalte der Verein durch diesen Erfolg, »das steht überall in der Welt«, sagte Gaus.

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Umgekehrt müssen sie beim FC Bayern vor dem ebenfalls weltweit beachteten deutschen Klassiker am Sonnabend bei Borussia Dortmund damit leben, dass alle Welt über ihre Pokal-Blamage redet und rätselt, wie so etwas bei einem formschwachen Drittligisten passieren konnte – vier Tage nach dem 8:0-Ligasieg gegen Darmstadt. »Das ist natürlich ein brutaler Schlag für uns, dass wir jedes Jahr in der zweiten Pokalrunde ausscheiden«, sagte Müller. Noch in der Nacht auf Donnerstag ergänzte er bei Instagram: »Im Moment ist es schwierig, das herunterzuschlucken und sich auf Samstag zu konzentrieren.«

In der vergangenen Saison hatten sich die Münchner zwar erst im Viertelfinale gegen den SC Freiburg verabschiedet. Davor war tatsächlich jeweils in der zweiten Runde Schluss: erst beim Zweitligisten Holstein Kiel, dann bei Borussia Mönchengladbach. Die Niederlage in Saarbrücken reiht sich ein in die schlimmsten Pokal-Pleiten in der Geschichte des FC Bayern, wie 1990 und 1994 gegen die Drittligisten Weinheim und Vestenbergsgreuth oder im Jahr 2000 gegen den Viertligisten 1. FC Magdeburg. 23 Jahre später sind die Bayern nun erstmals wieder gegen ein Team ausgeschieden, das nicht in der ersten oder zweiten Liga spielt. Vielleicht ist dieses Aus deshalb sogar die größte Pokal-Blamage überhaupt, weil sich die Münchner wirtschaftlich immer weiter von allen Konkurrenten in diesem Land entfernt haben.

Umso ratloser blieben die Bayern nach dem Aus in Saarbrücken zurück, nachdem sie jenen fest angestrebten Titel schon wieder verspielt hatten, den sie letztmals 2020 gewonnen haben. »Super enttäuscht« war Thomas Tuchel: »Wir wollten mit aller Macht nach Berlin.« Erschwerend kommt hinzu, dass Innenverteidiger Matthijs de Ligt mit Knieverletzung womöglich für das Spiel in Dortmund ausfällt. Sollte der Niederländer beim BVB nicht auflaufen können, stünde wohl nur Minjae Kim als Fachkraft für die Innenverteidigung zur Verfügung, weil sich der zuletzt ebenfalls verletzte Dayot Upamecano noch im Aufbautraining befindet.

Zu denken gaben in Saarbrücken auch Müllers Einblicke. Seine Kritik an den Kollegen, die sich nach dem Abpfiff schnell in die Katakomben verzogen hatten, anstatt sich bei den mitgereisten Fans zu bedanken, fiel jedenfalls deutlich aus. »Ich möchte mich bei unseren Fans für das Verhalten der Mannschaft entschuldigen. Wir sollten zusammenbleiben und etwas Respekt vor euch zeigen«, schrieb Müller auf Instagram. Zuvor hatte er schon gesagt: »Was überhaupt nicht geht, ist, dass nur drei, vier Spieler von sich aus verstehen, den Support auch zu respektieren. Die Jungs fahren hier unter der Woche ich weiß nicht wie viele hundert Kilometer zum Auswärtsspiel hoch und unterstützen uns. Da ist es das Mindeste, dass man versteht, etwas zurückzugeben.« Auch diese Charakter-Kritik lässt sich als Warnsignal deuten.

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