Europol löscht NoBorder-Initiativen aus Terrorbericht

Niederländische Polizei sieht Grenzcamper nicht mehr als »Extremisten«

Gelten bei Europol und der Polizei in den Niederlanden nicht mehr als »Extremisten«: Aktivisten der Kampagne Abolish Frontex bei einem Protest im Sommer in Berlin.
Gelten bei Europol und der Polizei in den Niederlanden nicht mehr als »Extremisten«: Aktivisten der Kampagne Abolish Frontex bei einem Protest im Sommer in Berlin.

Europol hat die Kampagne Abolish Frontex und die internationale »No-Border-Bewegung« aus ihrem aktuellen EU-Lagebericht zu Terrorismus gelöscht. Das bestätigte die Polizeiagentur auf Anfrage des »nd«. Die Änderungen seien von EU-Mitgliedstaaten bei Europol beantragt worden, ein aktualisierter Bericht dann von der Agentur am 26. Oktober online gestellt worden. Welche Länder die Löschung beantragt hatten, sagte die Sprecherin nicht.

Den »Bericht über die Lage und Entwicklung des Terrorismus in der Europäischen Union« (TE-SAT) gibt Europol seit 2017 heraus. Darin werden terroristische Vorfälle aus den 27 Mitgliedstaaten dargestellt. Ebenfalls enthalten sind Vorkommnisse zu »gewalttätigem Extremismus« aus verschiedenen politischen Richtungen.

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In der damaligen Fassung des »Trendberichts« erschienen die antirassistischen Bewegungen unter der Überschrift »Linke und anarchistische terroristische Anschläge, Verhaftungen, Verurteilungen und Strafen« im Unterpunkt »Aktivitäten«. Zur Begründung hieß es unter anderem, die »No-Border-Bewegung« setze sich »innerhalb des linksextremen und anarchistischen Spektrums« für die Abschaffung von Grenzen und weltweite Freizügigkeit ein. In diesem Zusammenhang werde auch die EU-Grenzagentur Frontex »als Feindbild gesehen«.

In der jüngsten Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums von Europol hatte die belgische Grünen-Abgeordnete Saskia Bricmont die Europol-Direktorin Catherine De Bolle nach Gründen für die Löschung befragt. De Bolle antwortete ausweichend und verwies auf die unterschiedliche Auslegung der Definition von »Terrorismus« in den Mitgliedstaaten. Diese seien auch für die Zulieferungen für den TE-SAT verantwortlich.

In dem ursprünglichen Bericht hatte Europol auch ein »No Border Camp« vom August 2022 in Rotterdam zu den Netzwerken gezählt, die linken Terrorismus begünstigten. Die niederländische Polizei sei jedoch nicht für den Löschantrag verantwortlich, sagte eine Sprecherin zum »nd«. Europol sei aber an die Behörde herangetreten mit der Frage, ob das Grenzcamp gestrichen werden könne. Man habe zugestimmt, »dass dies nicht in den TE-SAT gehört, da es sich um Aktivisten und nicht um Extremisten handelt«. Die niederländische Polizei habe auch schon »Anpassungen und Kommentare« zum ersten Entwurf des Berichts vorgenommen, betont die Sprecherin.

»Der TE-SAT-Bericht belegt jedes Jahr, wie die Mitgliedstaaten die Definition von Terrorismus missbrauchen und Aktivisten als Bedrohung für die nationale Sicherheit bezeichnen«, sagt Romain Lanneau von Statewatch zu dem nach seiner Ansicht einmaligen Vorgang einer Löschung. Die britische Bürgerrechtsorganisation gehört zu den Trägern einer Kampagne zu Auskunftsersuchen bei Europol. Mutmaßlich Betroffene sollen bei der Polizeiagentur anfragen, welche Daten dort über sie gespeichert sind und etwaige »Treffer« den Organisatoren zurückmelden.

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