Weltklimakonferenz: Kein Protest in Dubai

Die Klimabewegung ist bei der Weltklimakonferenz kaum vernehmbar

  • David Zauner, Dubai
  • Lesedauer: 3 Min.
Luisa Neubauer (vorne), Klimaaktivistin aus Deutschland, nimmt an einem Protest gegen fossile Brennstoffe während der Weltklimakonferenz teil.
Luisa Neubauer (vorne), Klimaaktivistin aus Deutschland, nimmt an einem Protest gegen fossile Brennstoffe während der Weltklimakonferenz teil.

Der Ton im Netz gegen Klimaaktivist*innen wird immer schärfer. Social-Media-Posts, in denen diese als »Sicherheitsrisiko« bezeichnet werden oder entmenschlichende Sprache verwendet wird, seien auf einem Allzeithoch, heißt es in einer Analyse der Dachorganisation Climate Action against Disinformation. In Deutschland und auch in anderen Ländern eskaliert nicht nur die virtuelle Gewalt. Immer häufiger werden Autofahrer*innen bei den Aktionen der Letzten Generation handgreiflich, schleifen Aktivist*innen über die Straße oder teilen Schläge und Tritte aus.

Einer ganz anderen Gefahr sehen sich Aktivist*innen in den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgesetzt, wo gerade die zweite und finale Woche des Klimagipfels beginnt. In vergangenen Jahren gab es am Austragungsort der Konferenz meist große Demonstrationen. 2021 in Glasgow etwa führte Greta Thunberg einen Protestzug von 100 000 Menschen durch die schottische Stadt und übte harsche Kritik an dem »sinnlosen Gipfel«. Auch in diesem Jahr finden während des Gipfels Aktionen und Demonstrationen statt. Aber anderswo: Aktivist*innen von Extinction Rebellion protestierten etwa mit Projektionen an Berliner Hauswänden gegen Greenwashing auf der Konferenz.

Teller und Rand – der Podcast zu internationaler Politik

Teller und Rand ist der nd.Podcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.

Nur in Dubai, da ist es meist mucksmäuschenstill. Auf dem Gelände der Konferenz – das während der zwölf Tage offizielles Hoheitsgebiet der Vereinten Nationen ist – gibt es nur vereinzelte Aktionen. Da protestiert die US-Umweltaktivistin Alice McGown mal in einem Seekuhkostüm gegen fossile Brennstoffe, und die Initiative Plant for the Planet verteilt Schokolade. Selbst auf dem Konferenzgelände sei es, wie die Sprecherin von Fridays For Future (FFF), Clara Duvigneau, gegenüber »nd.DerTag« sagt, nicht erlaubt, Entscheidungsträger*innen, Länder oder große Unternehmen beim Namen zu nennen. »Ich darf zum Beispiel nicht sagen, dass ich etwas von der deutschen Bundesregierung fordere. Eine erlaubte Formulierung wäre dann: ›die Regierung des Landes, aus dem ich komme‹.«

Die einzige größere Protestaktion hatte dann auch nicht das Klima zum Thema: So forderten Aktivist*innen aus verschiedenen Ländern mit Gedichten und Vorträgen ein Ende der israelischen Militäraktion in Gaza. »Free, free Palestine«, riefen etwa 100 Protestierende. Natürlich alles vorher angemeldet und von der Uno sowie den Behörden der Emirate genehmigt.

Die Verfassung der Monarchie sieht das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit prinzipiell vor. Doch es gibt zahllose Beispiele, in denen Protestierende in fragwürdigen Gerichtsverhandlungen zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Demonstrationen sind laut Human Rights Watch faktisch illegal, und Kritik am Staat steht unter Strafe. Viele Klimaaktivist*innen seien ernsthaft um ihre Sicherheit besorgt, oder die Teilnahme am Gipfel sei verhindert worden. Der Mitbegründer der Menschrechtsgruppe Fair Square, James Lynch, erhielt kurz vor Beginn des Gipfels eine Ablehnung seines Visumsantrags. Warum, wurde ihm bis heute nicht mitgeteilt. Der ehemalige Mitarbeiter von Amnesty International hatte die Situation in den Emiraten in der Vergangenheit mehrfach kritisiert. Eine kenianische Aktivistin, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben wollte, erzählte der Nachrichtenagentur AFP: »Die Sicherheitsbedenken, die ich im Moment habe, wenn ich zur COP gehe, bestehen darin, dass ich ein Trans-Mädchen bin und das verbergen müsste.«

In den Emiraten gibt es eine Reihe transfeindlicher und homophober Gesetze. Gleichgeschlechtlicher Sex kann in Dubai – die einzelnen Emirate haben ihre eigene Gesetzgebung – mit bis zu 14 Jahren Gefängnis bestraft werden. Ein weiteres Gesetz lässt für einen »Mann, verkleidet als Frau« eine Verurteilung von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe zu.

COP-Präsident Sultan Ahmed Al-Jaber betont regelmäßig in seinen Reden, die diesjährige Klimakonferenz werde die »wichtigste, inklusivste und handlungsorientierteste« aller Zeiten. FFF-Mitglied Luisa Neubauer widersprach auf einer Pressekonferenz am Mittwoch mit deutlichen Worten: »Dieser Klimagipfel ist nicht der inklusivste Gipfel aller Zeiten. Er ist der fossilste Gipfel aller Zeiten.«

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal