Das deutsche Team kommt in Schwung für die Europameisterschaft

Letzte Tests vor der Heim-EM: Die deutschen Handballer proben halbwegs erfolgreich gegen Portugal

Kaum zu stoppen: Debütant Martin Hanne am Ball
Kaum zu stoppen: Debütant Martin Hanne am Ball

Na, bitte: 34:33 gegen Portugal! Heimsieg in Flensburg. So langsam kommen sie in Schwung, die deutschen Handballnationalspieler. Wird ja auch Zeit: Die Heim-Europameisterschaft steht an, am Mittwoch schon geht es mit dem Auftaktspiel gegen die Schweiz los, und wie so oft vor großen Turnieren weiß man nicht genau, wie es nun um die Auswahl des Deutschen Handball-Bundes (DHB) steht: Sie zählt nicht zu den Favoriten, das ist ausgemacht. Aber wenigstens ein Geheimtipp? Wo man sich doch hierzulande mit der Handball-Bundesliga weiterhin in Besitz der stärksten Liga der Welt wähnt, zumindest was die Ausgeglichenheit anbetrifft? Muss das nicht auf das Nationalteam des DHB abfärben?

Nun, der vorletzte Test vor der EM nährte zumindest die Hoffnung auf einen Überraschungscoup. Trotz des Zittersieges am Donnerstag in der Flensburger Campushalle hatten die Männer von Bundestrainer Alfred Gislason die Partie zeitweise ziemlich gut im Griff. In der Offensive wussten die Deutschen zu glänzen, vor allem in der ersten Halbzeit: Da beeindruckte Spielmacher Juri Knorr von den Rhein-Neckar Löwen mit genialischen Zuspielen und präzisen Schlagwürfen, Kapitän Johannes Golla wühlte sich am Kreis ein ums andere Mal durch und machte selbst aus vermeintlich unmöglichen Würfen noch Tore. Hinten hielt derweil Andreas Wolff die Schotten dicht: Der Torwart-Routinier zeigte, dass er nach seinem Bandscheibenvorfall anscheinend noch rechtzeitig wieder in den Vollbesitz seiner Kräfte gelangt ist.

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Schnell zogen die Deutschen den Portugiesen davon: 4:1, 7:4, 12:6. Alles schien flüssig und leicht, und das gegen einen nicht zu einfachen Gegner – die Fans jubelten und trommelten. Als auch noch der 22-jährige Debütant Martin Hanne gleich nach der Einwechslung mit dem ersten Ballkontakt das 15:10 ins Netz peitschte, herrschte unter den 4500 Zuschauern Ausgelassenheit: Mit 18:14 ging es in die Pause. Die Deutschen hatten das Testspiel vorher intern zum eigentlichen »ersten EM-Spiel« erklärt, um in Wettkampfstimmung zu geraten. Man wähnte sich auf Kurs.

Aber nach dem Seitenwechsel offenbarten sich die Probleme im deutschen Team. Sie liegen in der Abwehrmitte, wo sich die Portugiesen, 2020 bei der EM Sechster, immer besser durchzusetzen wussten. »Wir haben nach der Halbzeitpause völlig den Faden verloren«, sollte sich Bundestrainer Gislason später im Fernsehinterview beklagen. Der in der ersten Halbzeit so solide Mittelblock um Julian Köster (Gummersbach) und Johannes Golla funktionierte nur noch mittelprächtig, im Angrifsspiel schlichen sich Pfostentreffer und Fehlwürfe ein, es lief nicht mehr rund. Die Portugiesen verkürzten den Rückstand beständig.

In der 58. Minute stand es dann erstmals wieder unentscheiden, 33:33, ehe dem erst 21-jährigen Renars Uscins das erlösende 34:33 gelang. Weil sein Torwartkollege Andreas Wolff 20 Sekunden vor Schluss den Wurf von Portugals Joaquim Nazaré parierte, kann U21-Weltmeister Uscins am Ende den Siegtreffer für sich reklamieren. Dass die Neulinge Martin Hanne (mit fünf Toren zweitbester Werfer) und Uscins derart stark auftrumpften, verbuchte Bundestrainer Alfred Gislason als die erfreulichste Nachricht neben der Tatsache, dass in der Wettkampfsimulation ein Sieg erreicht worden war. »Super, dass die zwei jungen Leute reinkommen und diese Leistung bringen«, freute sich der Islander. »Das gibt uns mehr Sicherheit in der Breite.«

Auch Youngster Hanne war zufrieden mit seinem Einstand. »Natürlich bin ich da sehr stolz drauf und werde bestimmt gut schlafen«, so der Rückraumspieler von der TSV Hannover-Burgdorf über seinen furchtlosen Auftritt. Er habe nur die Trainervorgaben umgesetzt: »Volle Kanne. Scheiß drauf, ob das jetzt erfolgreich wird oder nicht. Das hat mir Alfred vor dem Spiel gesagt.«

Am heutigen Samstag steht ein weiterer Test noch einmal gegen die Portugiesen an, diesmal vor Kieler Publikum. Danach begibt sich der Tross in Richtung Nordrhein-Westfalen, wo am Mittwoch der Ernstfall eintritt: EM-Auftakt gegen die Schweiz, im Düsseldorfer Stadion vor 53 000 Zuschauern.

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