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Doping-Trainer in Ost und West: Thomas Springstein ist wieder da

Der verurteilte Coach hat in Rostock einen Leichtathletik-Verein gegründet und trainiert dort junge Sportlerinnen

Lange Zeit war es sehr ruhig um Thomas Springstein, genauer gesagt seit 2006 – nachdem er wegen Dopings einer minderjährigen Leichtathletin zu 16 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde. Er ist wieder da, als Gründer des Vereins Ostsee Sprint- und Laufteam Rostock. Dort trainiert der 65-Jährige drei Nachwuchsathletinnen, die am vergangenen Wochenende bei den Norddeutschen Hallenmeisterschaften äußerst erfolgreich waren.

Springstein ist ein Sport-Kind des Ostens. Dass er trotz nachweislich mehrfachen Dopings immer wieder als Trainer arbeiten durfte, wirft ein ebenso zweifelhaftes Licht auf das Sport-System im Westen. Die Trainingslehre der DDR bekam er in seiner Heimatstadt an der DHfK vermittelt, nach seinem Abschluss als Diplom-Sportlehrer wurde er 1984 Trainer beim SC Neubrandenburg. Dort soll er laut polizeilich festgestellter Aussage von Hürdensprinterin Frauke Tuttas sie und andere Athletinnen ab 1985 mit Anabolika gedopt haben. Nach dem Mauerfall hatte sein Wirken erste Konsequenzen: Weltmeisterin Katrin Krabbe und Europameisterin Grit Breuer wurden 1992 wegen Dopings mit dem Kälbermastmittel Clenbuterol gesperrt, Springstein nicht – dafür reichte ein einfacher Vereinsaustritt in Neubrandenburg.

Jüngst schrieb der Deutsche Leichtathletik-Verband: »Da der DLV nicht mit Thomas Springstein zusammenarbeitet, stellt sich für uns die Frage nach Springsteins Vorbildfunktion nicht.« Verantwortung hat der DLV in billiger Hoffnung auf internationale Erfolge in diesem Fall nie übernommen – obwohl bei Springstein beispielsweise Wachstumshormone und anabole Steroide gefunden wurden und von ihm verabreichtes Testosteron unter anderem zu Leberschäden, zur Vermännlichung oder Unterdrückung der Eierstockfunktionen führen können.

Möglichkeiten gab es für den DLV und den deutschen Sport einige, um gegen Springstein vorzugehen. Beispielsweise 2006: Vor seiner Verurteilung in Magdeburg hatte der Trainer vor dem Landgericht Hamburg eidesstattlich erklärt, nie Dopingmittel weitergegeben zu haben. Wirkliche Konsequenzen aber wurden zu keiner Zeit gezogen. Der Verband beruft sich auf Formalitäten, weil er den Trainer nicht bezahlt. Ebenso der Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern, der die Rückkehr Springsteins als Privatsache sieht, weil er ihn nicht finanziere. Medaillen der von ihm trainierten Athletinnen hängen sich Funktionäre dann aber liebend gern um den Hals.

Ein Wort der Entschuldigung oder Reue war nie von Springstein zu hören. Seine Vorstellung vom Sport äußerte er unverblümt 2002, nachdem er als »Trainer des Jahres« ausgezeichnet wurde: »Es gibt keine Weltmeisterschaft für humane Leichtathletik.« Zum selbst ernannten »perfect coach« wurde Springstein nach als selbstständiger Personal Trainer. Seine ehemalige Spitzenathletin Grit Breuer hat er irgendwann geheiratet, die gemeinsame 15-jährige Tochter Paula Springstein wurde am Wochenende bei den norddeutschen U20-Meisterschaften Dritte über 200 Meter. Sie ist eine der drei jungen Leichtathletinnen, die Thomas Springstein in seinem neuen Verein trainiert.

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