Wie wir lernen sollen, die Bombe zu lieben

Wolfgang Hübner über eine Politik auf Kriegskurs

In seinem Film »Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben« beschrieb der Kino-Großmeister Stanley Kubrick ein irres Szenario: Die USA und die Sowjetunion steigern sich, angetrieben von wahnsinnigen Verschwörungstheorien, in eine letztlich vernichtende nukleare Konfrontation hinein, aus der es keinen Ausweg mehr gibt. Man konnte diese Farce, entstanden unter dem Eindruck der Kuba-Krise Anfang der 60er Jahre, in Zeiten der Entspannung für eine böse Satire halten, für ein Gedankenspiel fernab der Wirklichkeit.

Das ist vorbei. Wir befinden uns – angetrieben vor allem von den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten – mitten im schlimmsten Rüstungswettlauf seit Jahrzehnten. Die deutschen Militärausgaben steigen erheblich, die Waffenindustrie wird angekurbelt, Politiker rufen nach vielen weiteren Milliarden für die Bundeswehr. Nun ist sogar von einer atomaren Bewaffnung der Europäischen Union die Rede. Vor gut 13 Jahren erhielt die EU den Friedensnobelpreis, weil sie Europa aus einem Kontinent des Kriegs zu einem Kontinent des Friedens gemacht habe. Das hat Jahrzehnte gedauert – der Rückweg zum Kriegsdenken ist offensichtlich sehr kurz. Die Europa-Spitzenkandidatin der SPD redet über eine EU-Armee mit Atombomben, der polnische Regierungschef will das französische Nukleararsenal »europäisieren«. Das einst mühsam aufgebaute Vertragswerk für Rüstungskontrolle und Verschrottung von Atomraketen ist ohnehin längst zertrümmert, und niemand redet darüber, wie es wiederbelebt werden könnte.

In Deutschland singt inzwischen eine breite Koalition von Union über SPD und FDP bis zu den Grünen im Chor der Kriegstüchtigen mit. Sie folgen dem Dirigat des Nato-Generalsekretärs, der von den Mitgliedsstaaten fordert, die Wirtschaft auf die Produktion von Kriegsbedarf auszurichten. Dieses für alternativlos erklärte Denken und Handeln führt nur in eine Richtung – näher an den Abgrund. Wer es nicht glaubt, sollte sich Kubricks Film wieder einmal ansehen und sich ehrlich fragen, wie weit wir von einer solchen Zuspitzung heute noch entfernt sind.

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