Abtrainierte Arbeitsmoral

Andreas Fritsche über Ausbildung und Arbeitskräftemangel in der Lausitz

3000 junge Menschen im brandenburgischen Teil des Lausitzer Reviers verfügen weder über eine abgeschlossene Berufsausbildung, noch machen sie derzeit eine Lehre. Nach Ansicht von Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) ist das angesichts des Fachkräftemangels in der Region »der helle Wahnsinn«. Besser kann man das nicht formulieren.

Aber wie konnte es dazu kommen? Die Frage lässt sich leicht beantworten. Es ist ab 1990 angesichts von Massenarbeitslosigkeit zwei Jahrzehnte lang mehreren Generationen eingetrichtert worden, dass sie hier quasi überflüssig sind und sich entweder etwas im Westen suchen oder mit einem Leben als Langzeitarbeitslose mit dürftiger staatlicher Unterstützung zufrieden geben sollen. Selbst qualifizierte Facharbeiter und sogar Hochschulabsolventen hatten es schwer.

Steinbachs Appell an die Eltern, sie sollten ihren Kindern beibringen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, klingt da ein bisschen wie Hohn. Es waren wahrscheinlich gerade diese Eltern, die einst nach der Wende keine Chance bekamen, sich ihren Lebensunterhalt in Würde selbst zu verdienen.

Die Zeiten, in denen in der DDR jede helfende Hand benötigt wurde und sich auch für den schlechtesten Schüler noch eine passende Tätigkeit fand, waren 1990 schlagartig vorbei. Jetzt kommen in der Lausitz wieder Jahre, in denen jeder gebraucht wird.

Nun müssten aber auch die Löhne so sein, dass sich Fleiß in der Schule und am Arbeitsplatz wirklich auszahlt. Ausbeutung in der Gastronomie und in der Pflege dürfen nicht die Perspektive der Lausitz für die Zeit nach der Braunkohleförderung sein.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal