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Gute Gründe gegen Nawalny-Straße
Straßenumbenennung an der russischen Botschaft kurzfristig unmöglich
In Berlin gelten aus guten Gründen Regeln für die Benennung von Straßen. Zunächst einmal sollen, wenn Straßen nach Persönlichkeiten benannt werden, Frauen bevorzugt werden, weil es ein krasses Übergewicht von nach Männern benannten Straßen gibt. Dann sollen keine Lebenden geehrt werden, weil das Personenkult wäre, und Verstorbene müssen schon mindestens fünf Jahre tot sein. Das ermöglicht, frei von den ersten Emotionen zu überlegen, ob jemand diese Ehre auch auf lange Sicht wirklich verdient hat.
Der Tod des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny liegt knapp fünf Tage zurück. Mit Rücksicht auf die Angehörigen verbietet es sich eigentlich, jetzt eine Debatte über seine Leistungen und Fehlleistungen zu führen. Exilrussen der Initiative Demokrati-Ja drängen nun aber mit einer Petition darauf, die Behrenstraße hinter der russischen Botschaft in Alexej-Nawalny-Straße umzubenennen. Schon haben am Dienstagnachmittag fast 23 000 Menschen diese Petition unterzeichnet, darunter der Schriftsteller Wladimir Kaminer. Sie fordern die Umbenennung ungeachtet der ihnen bekannten Frist schon jetzt.
Damit zwingen sie mich, tagesaktuell Position zu beziehen, was ich mir vorerst lieber verkniffen hätte: Nein, Nawalny ist kein Vorbild! Ja, er hat Korruption angeprangert. Aber seine nationalistischen und fremdenfeindlichen Ausfälle dürfen auch dann nicht ausgeblendet werden, wenn er später davon abgelassen hat. In Berlin sind mit der Puschkinallee und dem Majakowskiring Straßen nach bedeutenden russischen Dichtern benannt. Das ist der hohe Anspruch, nach dem wir uns richten sollten.
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