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GDL-Streik: Bahnvorstand ist das Problem
Elmar Wigand über den Arbeitskampf der Eisenbahner
Die Kernforderung der GDL ist für alle Lohnabhängigen nachvollziehbar: eine Reduzierung der Arbeitsbelastung für Schichtarbeiter*innen auf 35 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich. Dazu eine Fünf-Tage-Woche statt bisher sechs Tage. Was soll daran schlecht sein? Gibt es Schichtarbeiter*innen in Deutschland, die dagegen wären? Bei der Feuerwehr? Bei den Berliner Bäderbetrieben, im Duisburger ThyssenKrupp-Stahlwerk, bei Daimler am Fließband, im Altenheim oder im Rettungswagen? Gibt es unter Arbeitsmedizinern oder Industriesoziologen dazu geteilte Meinungen? Schichtarbeit ist eine enorme Belastung für Körper und Seele. Schichtarbeit zerstört das soziale Umfeld der Arbeiter*innen. Deshalb sollte Schichtarbeit die Ausnahme sein, nicht die Regel. Aus diesem Grund muss Schichtarbeit wesentlich höher bewertet werden als bisher üblich.
Es gibt einen unauflösbaren Interessengegensatz zwischen Arbeit und Kapital, der manchmal auch mit harten Bandagen ausgefochten werden muss. Wenn wir genau hingucken, existiert dieser Gegensatz im gegenwärtigen Konflikt um die 35-Stunden-Woche nicht einmal. Der Bahn laufen die Leute weg – genauer gesagt fehlt es an echten Arbeiter*innen, während das Topmanagement vermutlich keine Nachwuchssorgen kennt. Wer will nicht gern für 216 000 Euro im Jahr am Konferenztisch Kaffee trinken und bei redundanten Power-Point-Präsentationen gemütlich wegdösen?
Elmar Wigand ist Gründungsmitglied von Aktion Arbeitsunrecht – Initiative für Demokratie in Wirtschaft & Betrieb.
Außerdem wissen die Lokführer*innen und andere Fachkräfte bei der Bahn, was sie können und was sie wert sind. Sie wechseln zu Unternehmen, in denen sie besser behandelt werden. So wirbt der Regionalbahn-Betreiber National Express im Ruhrgebiet derzeit offensiv mit einem GDL-Tarif um Mitarbeiter.
Zum Hintergrund: Der Kampf um den Arbeitskampf – Lokführer-Ausstand – über Versuche, das Streikrecht von Berufsgewerkschaften wie der GDL zu beschneiden
Ein kluges Management könnte von selbst auf die Idee kommen, die Arbeit so lange immer attraktiver zu machen, bis die Leute nicht flüchten oder krank werden, sondern richtig Bock auf den Job haben. Doch Bahn-Personalvorstand Martin Seiler verfolgt offenbar eine andere Strategie: Wenn das Personal knapp ist, müssen die vorhandenen Leute einfach noch effizienter ausgepresst werden. Bis sie irgendwann leer sind. Reha und Berufsunfähigkeit zahlen dann die Sozialkassen.
Das Bahnmanagement ist aufgebläht, unfähig, überheblich. Entrückt von der Realität kreist es in einem selbst geschaffenen Paralleluniversum aus Hunderten Tochterfirmen um sich selbst. »Business Insider« enthüllte vor rund einem Jahr, dass sich der sogenannte obere Führungskreis (OFK 1) mal eben einen ordentlichen Schluck aus der Pulle genehmigt hat: 14 Prozent mehr, 216 000 Euro Grundgehalt statt bisher 190 000 Euro. Der OFK 1 der Deutschen Bahn hat etliche dieser Leute. Hinzu kommen gerne mal 30 Prozent Aufschlag durch Boni.
Und dann noch Personalvostand Seiler – ein ehemaliger Verdi-Gewerkschafter, der offensichtlich als Manager der Deutschen Post zum Gewerkschaftsfresser umgepolt wurde. Seiler und seine Leute treffen auf einen GDL-Chef Claus Weselsky, der sie als »Nieten in Nadelstreifen« geißelt. Vermutlich liegt hier das Problem: die öffentliche Bloßstellung des Vorstandes durch die GDL. Dabei sagt Weselsky – wenn auch manchmal etwas unhöflich – nur die Wahrheit: Das Problem der Bahn ist ihr Management. Martin Seiler muss weg!
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