Tesla vergesellschaften?!

Tesla will ein privates Monopol auf digital gesteuerte Automobilität – Grund genug, schleunigst die Eigentumsfrage zu stellen

Milliardär und Tesla-Chef Elon Musk inszeniert seinen Konzern als privates Verkehrsministerium der Zukunft.
Milliardär und Tesla-Chef Elon Musk inszeniert seinen Konzern als privates Verkehrsministerium der Zukunft.

Zuletzt lagen gleich zwei Brennpunkte der Klimagerechtigkeitsbewegung in Brandenburg. Während die Besetzung des geplanten Tesla-Erweiterungsgeländes in Grünheide ihre Räumung abwenden konnte, trafen sich am Wochenende rund 70 Kilometer weiter nördlich, am Werbellinsee, 350 Aktivist*innen zur Konferenz »Let’s Socialize – Vergesellschaftung als Strategie für Klimagerechtigkeit«. Die Bewegung nimmt sich die Eigentumsfrage vor. Auch der Fall Tesla wurde diskutiert, wobei eine Enteignung der Grünheider Fabrik zunächst nicht als naheliegende Option erschien. Dabei wäre die Vergesellschaftung Teslas, mit etwas anderem Fokus, durchaus ein zeitgemäßes Anliegen.

Nicht nur rechtslibertäre Elon-Musk-Fans und einfallslose »Hauptsache Arbeitsplätze«-Sozialdemokrat*innen schätzen den Konzern. Tesla findet bisweilen auch unter Klimaschützer*innen Zuspruch. Sie sehen zum einen das E-Auto trotz aller ökologischen Auswirkungen als schnellstmöglich hochzuskalierenden Verbrennerersatz, zum anderen die digitalen Steuerungsansätze des Konzerns als Chance, langfristig die Zahl der Autos auf den Straßen zu reduzieren. Wer gegen Tesla protestiere, so das Argument, bewahre letztlich nur den Verbrenner – und blockiere eine Ära effizienter Mobilität.

Lasse Thiele

Lasse Thiele arbeitet im Konzeptwerk Neue Ökonomie am Thema Klimagerechtigkeit.

Das erste Argument scheint wenig interessant. Verhandelt wird rund um die Proteste eine Mobilitätswende, die über einen bloßen Antriebswechsel hinausgeht. Eine drastische Abkehr von massenhafter individueller Automobilität ist, wie auch die in Grünheide diskutierte Wasserfrage zeigt, ökologisch geboten. Da sich das E-Auto ohnehin ökonomisch gegen den Verbrenner durchsetzen dürfte, mögen die Proteste dem gesellschaftlichen Diskurs zwar einige Schritte vorauseilen und schlimmstenfalls kurzfristig ein paar zusätzlich verkaufte Benziner nach sich ziehen – sie legen aber den Finger in die richtige Wunde.

Spannender ist der zweite Punkt: Natürlich braucht es innovative Mobilitätskonzepte. Doch wer Elon Musks Umgang mit Twitter erlebt, dürfte an der Idee zweifeln, auch noch das Verkehrssystem in die Hände eines erratischen Milliardärs zu legen. Genau darum geht es in Teslas Vision: ein digital vernetztes System aus Millionen autonom fahrender Vehikel, das individuellen Autobesitz und ÖPNV erübrigen soll – alles gesteuert durch die Algorithmen eines monopolistischen Konzerns. Die Software ist dabei wesentlich interessanter als die Hardware, also die in Grünheide ausgespuckten Blechkarossen.

Diese digitalen Infrastrukturen – Teslas geistiges Eigentum – gälte es primär zu vergesellschaften. Öffentliche Mobilitätsplattformen könnten unter den Tesla-Innovationen die gesellschaftlich erwünschten auswählen und nach sozialen und ökologischen Kriterien weiterentwickeln – statt nach Profitaussicht. So könnte ein System stehen, das kollektive Verkehrsmittel priorisiert, nur in dünn besiedelten Gebieten verstärkt kleinere Fahrzeuge einsetzt und pragmatische Lösungen höher gewichtet als den entfernten Traum vom autonomen Fahren.

Tesla ist kein klassischer Autohersteller, sondern ein Mobilitäts- und IT-Konzern, der sich als privates Verkehrsministerium der Zukunft inszeniert. Wer eine demokratische Verkehrspolitik bevorzugt, hat eine zukunftsweisende Alternative: Tesla vergesellschaften.

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