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Staublunge durch Sand aus der Sahara?

Christian Klemm befragt Steffen Schmidt zu Saharastaub in Mitteleuropa

Am Osterwochenende hat sich Staub aus der Sahara bis nach Mitteleuropa ausgebreitet. Wie ist das möglich?

Zunächst ist es wichtig, zwischen dem Sand aus der Wüste und den noch viel feineren Staubpartikeln zu unterscheiden. Denn je feiner der Staub, desto leichter ist er. Und was leicht ist, bleibt länger in der Luft. Vor allem im Frühling und im Herbst gehen starke Luftbewegungen aus Afrika in Richtung Europa. Und die können dann den Saharastaub mitbringen. Übrigens: Bei Vulkanausbrüchen bleibt der Staub teilweise ein oder zwei Jahre in der Luft, vor allem weil er noch viel höher in die Atmosphäre geschleudert wird.

Erstaunlich, dass der Staub so viele Kilometer zurücklegt.

Normalerweise fliegt er nicht so weit. Wir haben auch nur noch den letzten Rest davon abbekommen. Der Mittelmeerraum kriegt in der Regel mehr ab.

Kann man die Menge quantifizieren?

Allein für die Schweiz haben sie geschätzt, dass zu Ostern etwa 180 000 Tonnen Saharastaub bis dorthin gekommen sind.

Das ist eine ordentliche Menge. Ist der Staub gefährlich? Stichwort: Staublunge.

Das Gesundheitsrisiko für gesunde Menschen bei uns hält sich in Grenzen. Nur Asthmatiker und andere Menschen mit Lungenproblemen müssen sich wahrscheinlich Gedanken machen. Dagegen ist der Feinstaub aus der Sahara in diesen Mengen bei Kindern in Afrika eine zusätzliche Belastung für ihre Gesundheit. Jedoch leben sie in Gegenden, wo die Feinstaubbelastung durch offene Feuerstellen ohnehin ziemlich hoch ist.

Ist es denn andersherum auch denkbar, dass in der Sahara Sandstaubpartikel aus Deutschland ankommen? Von der Ost- oder Nordsee oder den Verdener Dünen beispielsweise?

Ich habe noch nie davon gehört, dass der Ostseesand sich bis in die Sahara bewegen würde oder auch nur dessen feinster Abrieb. Die vorherrschenden Windsysteme verhindern das in der Regel. Es gibt nämlich keinen starken Wind, der von Mitteleuropa in Richtung Nordafrika geht.

Zumal die Alpen im Weg stehen, oder?

Die und weiter östlich noch die Karpaten. Wir in Europa haben relativ viele Gebirge, die quer zu der Nord-Süd-Richtung von Winden gehen.

Welche Auswirkungen hat der Wüstenstaub auf die Flora und Fauna?

Viele Wildpflanzen auf der Iberischen Halbinsel sind auf den Staub angewiesen. Das ist ihre natürliche Düngung. Noch krasser ist es im Amazonasgebiet: Der dortige Regenwald bezieht praktisch seinen gesamten Phosphatnachschub aus der Sahara.

Bekannlich liegt zwischen Afrika und Amerika der Atlantische Ozean. Der ist keine Hürde für den Staub?

Nein. Die über das Meer ziehenden Partikel bringen nicht nur Phosphat, sondern auch eine ganze Menge Eisen mit. Eisen ist einer der Nährstoffe für Algen. Dank des Eisens aus der Wüste können die sich gut vermehren. Und wenn die Algen dann absterben, sinken sie in die Tiefe. Wenn sie schnell genug sinken, ist das darin enthaltene CO2 für längere Zeit am Meeresgrund gebunden. So gesehen haben die Staubwinde auch eine wichtige Funktion für das Klima. Deswegen gab es auch schon Pläne zur Ozeandüngung, um mehr CO2 dort zu binden. Wegen der ungewissen Nebenwirkungen hat sich die Idee aber nicht durchgesetzt.

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