Brandenburg: Sozialpolitik statt harte Strafen für Ladendiebe

Linksfraktionschef Sebastian Walter warnt vor Panikmache

»Wir haben es mit einer steigenden Kriminalität zu tun«, bestätigt Brandenburgs Linksfraktionschef Sebastian Walter am Dienstag. Er warnt jedoch ganz entschieden davor, deswegen das Strafrecht zu verschärfen und der Polizei mehr Befugnisse zu geben. Sein Tipp angesichts der als alarmierend empfundenen Zahl der Straftaten: »Ruhig bleiben.«

Der Politiker untermauert seine Sichtweise mit zwei Beispielen. Nicht um schwere Verbrechen handelt es sich da, sondern um Delikte, die keineswegs Leib und Leben von Mitbürgern bedrohen. Das eine Beispiel: Ladendiebstähle. Ihre Zahl sei in Brandenburg um zehn Prozent gestiegen, erinnert Walter. Es wundert ihn nicht. »Wir haben eine Verdoppelung der Lebensmittelpreise.« Das solle keine Rechtfertigung für Ladendiebstähle sein, versichert der Politiker. Aber das erkläre, dass Menschen aus einer Notlage heraus in die Regale greifen und an der Kasse nicht bezahlen. Dies sollte die Politik nicht bekämpfen, indem sie Gesetze beschließt, die härtere Strafen für Ladendiebe vorsehen. Stattdessen sei die Lösung eine Sozialpolitik, die Armut verhindert, damit niemand stehlen muss, um keinen Hunger zu leiden.

Beispiel zwei: Rund 18 000 von »Ausländern« verübte Straftaten habe es im Jahr 2022 gegeben. Da seien aber mehr als 14 000 Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht dabei gewesen. Hierbei wurde niemandem ein Leid angetan, sondern es haben etwa Flüchtlinge illegal die Landesgrenze überschritten. Weil es inzwischen wieder Grenzkontrollen gibt, sind mehr von ihnen erwischt worden. So erklärt Walter den Anstieg auf jetzt insgesamt 19 000 Delikte.

Muckefuck: morgens, ungefiltert, links

nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik – aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin – ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.

Der Linksfraktionschef erwähnt die Pläne im Landkreis Märkisch-Oderland, auf eine Halbinsel in der Oder bei Küstrin-Kietz ein Abschiebezentrum für zunächst 200 Menschen einzurichten, deren Asylanträge abgelehnt worden sind. Das Gelände, das einst als Kaserne der sowjetischen Truppen genutzt wurde, gehört dem Land Brandenburg.

»Wir haben jetzt 1700 Flüchtlinge aufgenommen oder untergebracht. Und wir müssten dieselbe Zahl als Soll in diesem Jahr haben. Das ist gar nicht schaffbar«, begründete Sozialdezernent Friedemann Hanke (CDU) das Vorhaben Ende März gegenüber dem Rundfunk RBB. Für Linksfraktionschef Walter sind das »populistische Debatten, die kein einziges Problem lösen« beziehungsweise das sei »billiger Populismus, der ablenken soll«. Dass sogar Geflüchtete abgeschoben werden, die eine Ausbildung machen oder einen Arbeitsplatz haben, hält er angesichts eines Fach- und Arbeitskräftemangels für absurd und inhuman. Insbesondere kritisiert Walter die sogenannte Tischabschiebung, bei der Polizisten die Menschen abpassen, wenn sie einen Behördentermin wahrnehmen.

Bei der Kriminalität gebe es übrigens immer ein Auf und Ab. So habe es vor zehn Jahren mehr Straftaten gegeben als jetzt, wehrt sich der Oppositionspolitiker gegen Panikmache. Zwar gebe es durchaus bei der Gewaltkriminalität ein Plus von 14 Prozent, räumt er ein. Doch die rot-schwarz-grüne Landesregierung schaffe es ja nicht, alle Stellen bei der Polizei zu besetzen. »Das ist ein Problem.«

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal