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Mexiko startet in heiße Wahlkampfphase

Stillschweigen der Kandidaten über das Thema Organisierte Kriminalität

  • Moritz Osswald, Mexiko-Stadt
  • Lesedauer: 4 Min.

Am 28. April geht es in Mexiko in die zweite Runde – nicht der Präsidentschaftswahlen, sondern der TV-Debatte der drei Kandidat*innen: Claudia Sheinbaum, die Kandidatin der Regierungspartei, ihre Herausforderin Xóchitl Gálvez, hinter der ein Oppostionsbündnis steht und der Außenseiter und 38-jährige Newcomer Jorge Álvarez Máynez.

Die erste Runde spielte sich am 7. April auf niedrigem Niveau ab. Präsidentschaftskandidatin Xóchitl Gálvez holt ein weiß umrandetes Schild hervor. Darauf wird Claudia Sheinbaum, damals noch Bürgermeisterin Mexiko-Stadts, für den Tod von 26 Menschen in der Hauptstadt verantwortlich gemacht. Ein monumentales Unglück, bei dem ein entgleister Zug der städtischen Metro auf die Straße krachte. Es dauert ein paar Sekunden, dann merkt die Oppositionelle Gálvez, dass sie das Schild falsch herum hält. Eigentlich kreiste die Debatte gerade thematisch um Korruptionsbekämpfung. Doch es ging mehr um Polemik als um Inhalte. Organisiert wurde der Schlagabtausch von der unabhängigen Wahlbehörde INE und musste sich danach auch wegen technischer Pannen Kritik anhören.

Mexikos Präsident wird erstmals eine Präsidentin

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Am 2. Juni wird in Mexiko gewählt. Aber nicht ein neuer Präsident – sondern aller Wahrscheinlichkeit nach eine Präsidentin. Ein Novum für ein Land, in dem Macht und Politik eisern in Männerhand gehalten werden. Auch auf Landes- und Gemeindeebene werden so viele Posten vergeben wie noch nie. Es werden laut Wahlbehörde die größten Wahlen in der Geschichte Mexikos.

Claudia Sheinbaum, Ziehkind des amtierenden Staatschefs Andrés Manuel López Obrador, gilt als klare Favoritin. Sie gilt als kühl und kalkuliert, hat mit der Regierungspartei Morena den Sieg schon fast in der Tasche. Denn ihre soziale Basis ist so breit wie bei keiner anderen Partei. Für die Präsidentschaft tritt Sheinbaum im Bündnis »Sigamos Haciendo Historia« (Lasst uns weiter Geschichte schreiben) an, das aus Morena, den Grünen (Partido Verde) sowie der Arbeiterpartei PT besteht.

Oppositionskandidatin Xóchitl Gálvez gehört der Koalition »Fuerza y Corazón por México« (Stärke und Herz für Mexiko) an. Sie setzt sich aus der rechten PAN, der einstigen Staatspartei PRI sowie der linksliberalen PRD zusammen. Gálvez ist der Gegenpart zur Favoritin Sheinbaum. Nachwuchs-Drehbuchautor*innen hätten wohl Kritik geerntet, denn die beiden Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein. Gálvez ist emotional, angriffslustig, hat eine lockere Zunge. Das hat sie bei der Debatte auch nicht versteckt: »Du bist eine kalte Frau, ohne Herz« giftete die Oppositionelle mehrfach in Richtung Regierungskandidatin. Sheinbaum, ihrerseits Wissenschaftlerin, versuchte dies an sich abprallen zu lassen. Sie nutzte den TV-Auftritt meistens, um die vermeintlichen Errungenschaften ihrer Partei anzupreisen. So behauptete die 61-Jährige etwa, dass »die Frauenmordrate landesweit um mehr als 40 Prozent gesunken« sei. Das Online-Medium AnimalPolítico unterzog die Aussagen der Kandidat*innen einem Faktencheck. Und siehe da: Von 2018 bis 2023 lässt sich laut offiziellen Daten der Nationalen Sicherheitsbehörde ein Rückgang von nur 7,5 Prozent verzeichnen. Mehr noch: In Mexiko-Stadt, wo Sheinbaum vor ihrer Kandidatur viele Jahre Bürgermeisterin war, stieg die Femizid-Rate von 2018–2023 um 29 Prozent an.

Die Organisierte Kriminalität macht weiter Boden gut

Dann ist da noch der dritte Kandidat, von einer Partei (Movimiento Ciudadano), die wörtlich übersetzt einfach »Bürgerbewegung« heißt. Jorge Álvarez Máynez ist mit Abstand der Jüngste in der Runde. Mit seiner Mitte-links-Partei, die nicht zum Establishment gehört, schießt er rhetorisch gerne gegen die »alte Politik« und verspricht Neues. Das hebt ihn kaum von den anderen beiden Kandidatinnen ab. Denn alle versprechen alles: bessere Gesundheitsversorgung, mehr Investitionen in Bildung, Digitalisierung von Behördengängen, und natürlich mehr Korruptionsbekämpfung. Selten wurde jemand konkret.

Die Fragen kamen von Bürger*innen aus dem ganzen Land, von Nord bis Süd. Die insgesamt 108 Fragen deckten unter anderem die Themen Bildung, Gesundheit, Korruption, Transparenz und Migration ab. Aber der Elefant im Raum fehlte: die massive Gewalt im Land, die Verschwundenen, die ausufernde Kooptierung staatlicher Instanzen durch das Organisierte Verbrechen. Das stellt zunehmend eine gravierende Gefahr für die ohnehin fragile Demokratie Mexikos dar. Vor allem auf kommunaler- und Landesebene ist das Risiko groß, dass die Organisierte Kriminalität durch ihre finanziellen und kriminellen Ressourcen die Oberhand gewinnt. In Mexiko sei »die Gewalt ebenfalls im Wahlkampf«, so der bekannte Journalist José Gil Olmos dazu in der Zeitschrift »Proceso«. Das sind schlechte Aussichten für die mexikanische Bevölkerung.

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