- Berlin
- SPD
Landtagswahl Brandenburg: Ministerpräsident – was sonst?
SPD kürt Dietmar Woidke zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl
Seit 34 Jahren regiert in Brandenburg die SPD. Es sollen fünf weitere werden. Am Samstag wählen die Sozialdemokraten Ministerpräsident Dietmar Woidke zu ihrem Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am 22. September. In der Stadthalle von Falkensee erhält der 62-Jährige von den Delegierten 122 Stimmen. Es gibt vier Gegenstimmen und drei Enthaltungen.
Die Brandenburger SPD stehe auf den Schultern der früheren Ministerpräsidenten Manfred Stolpe und Matthias Platzeck sowie der einstigen Sozialministerin Regine Hildebrandt, meint Woidke. Seinen Vorgänger Platzeck trifft er in Falkensee. Stolpe starb 2019, Hildebrandt 2001. Aber seit fast fünf Jahren ist Hildebrandts Tochter Elske SPD-Landtagsabgeordnete und tritt bei der Wahl im September wieder an. Sie erhält Listenplatz zehn.
29 Abgeordnete zählt die SPD-Fraktion gegenwärtig. 19 von ihnen finden sich auf der Liste wieder – 15 auf den vorderen 15 Listenplätzen. Kulturministerin Manja Schüle, die derzeit keine Landtagsabgeordnete ist, kommt erst auf Platz 32. Sie möchte aber einen Wahlkreis in Potsdam gewinnen, der 2019 noch an die Grünen gefallen war. Schüle widerspricht in Falkensee Spekulationen, sie wolle gar nicht in den Landtag, sondern Nachfolgerin des Potsdamer Oberbürgermeisters Mike Schubert (SPD) werden. Dem wird gerade Vorteilsannahme vorgeworfen, weil er sich mit seiner Frau zu Veranstaltungen einladen ließ.
Wirtschaftsminister Jörg Steinbach und Bildungsminister Steffen Freiberg stehen nicht auf der Landesliste, stattdessen finden sich dort jeweils 42 andere Männer und Frauen. Das sind nur vier Kandidaten weniger, als es Sitze im Landtag für sämtliche Parteien gibt. Zum Vergleich: Die CDU nominierte 33 Männer und zwölf Frauen, die AfD 29 Männer und sechs Frauen. In Brandenburg gilt die Faustregel: Jede Partei bekommt ungefähr so viele Landtagsabgeordnete, wie sie Prozente von den Wählern erhalten hat.
nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik – aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin – ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.
»Ich werde alles dafür tun, dass wir am 22. September stärkste Kraft bleiben«. verspricht Dietmar Woidke am Samstag. Noch liegt die Partei des Ministerpräsidenten und SPD-Landesvorsitzenden in der jüngsten Umfrage vier Prozentpunkte hinter der AfD zurück. Doch der Abstand schmilzt. Im Januar hatte er noch elf Prozent betragen.
Vom 4. bis zum 8. April hatte das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap im Auftrag des Senders RBB 1161 wahlberechtigte Brandenburger befragt. Nach den am 10. April veröffentlichten Ergebnissen winken der AfD 26 Prozent der Stimmen, der SPD 22 Prozent, ihren Koalitionspartnern CDU und Grüne 18 beziehungsweise 8 Prozent. Die Linke steht bei sechs Prozent. Die Freien Wähler würden mit drei Prozent aus dem Landtag fliegen. Die neue Wagenknecht-Partei BSW, die noch keinen Landesverband gründete und noch keine Kandidaten aufstellte, könnte zehn Prozent einheimsen. 48 Prozent der Befragten finden es gut, »dass es mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht ein Angebot gibt, das sich stark von den anderen Parteien entscheidet«.
Würde der Ministerpräsident direkt von den Bürgern gewählt, so würden 51 Prozent den Sozialdemokraten Woidke ankreuzen, nur sieben Prozent den CDU-Landesvorsitzenden Jan Redmann, bloß sechs Prozent AfD-Fraktionschef Christoph Berndt. Dieser Beliebtheitsvergleich ist noch eindeutiger als vor der Wahl 2019. Damals hätten sich bei einer Diektwahl immerhin noch elf Prozent für den damaligen CDU-Spitzenkandidaten Ingo Senftleben entschieden und acht Prozent für den AfD-Spitzenkandidaten Andreas Kalbitz.
Das Wahlprogamm, dass die SPD in Falkensee beschließt, nennt sie wieder einmal Regierungsprogramm. Eine Oppositionsrolle ist für sie quasi unvorstellbar. Nach wie vor 250 000 Brandenburger verdienen nur ein Einkommen auf Mindestlohnniveau. Trotzdem geht es im Bundesland angeblich »immer weiter stabil voran«. Woidke hebt aber nicht völlig ab und erkennt in der Bevölkerung eine »recht große Verunsicherung«, die von Rechtsextremisten ausgenutzt werde. Die SPD müsse zeigen: »Wir sind entschlossen, unser demokratisches Miteinander, unsere Toleranz, mit allem zu verteidigen, was uns zur Verfügung steht.« Rassismus habe Brandenburg schon genug geschadet. »Extremisten dürfen in diesem Land auch nicht ein Jota an Macht erhalten.«
Auf 9000 soll die Zahl der Polizisten aufgestockt werden. Das gehört zu den Wahlversprechen der SPD. Bislang kann Brandenburg aber nicht einmal die vorhandenen 8500 Stellen vollständig besetzen. Finanzministerin Katrin Lange (SPD) hält Innenminister Michael Stübgen (CDU) vor, er führe sein Ressort »schwach wie Flasche leer«. Woidke sei einst ein stärkerer Innenminister gewesen.
Die SPD lebe vom Amtsbonus Woidkes, der auf Verdienste zurückblicken könne, urteilt CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann. »Aber die Herausforderungen unserer Zeit verlangen den Blick nach vorn und nicht das Schwelgen in Erinnerungen.« Hoffmann fragt, ob Woidke so ambitionslos wirklich für fünf weitere Jahre antreten wolle.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.