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Lichtenberger Käfer-Kot-Konflikt

Umweltverband BUND warnt davor, einen Vorfall in Lichtenberg zu instrumentalisieren

Problemkäfer: Der streng geschützte Eremit
Problemkäfer: Der streng geschützte Eremit

Es mutet schon ein bisschen absurd an. Auf der geplanten Baustelle im Hof der Obersee-Schule in Lichtenberg wird Käfer-Kot gefunden. Und nicht irgendwelcher Käfer-Kot, sondern der des sogenannten Eremiten. Das Tier aus der Familie der Rosenkäfer lebt in Baumhöhlen und ist streng geschützt. Wenn er gefunden wird, können Fällungen nicht vorgenommen werden. In Lichtenberg geht es um einen Schulausbau, dem 23 Bäume weichen sollen.

Absurd ist aber vor allem, was nach Angaben der Zeitung »BZ« ein vom Senat beauftragter Insektengutachter herausgefunden hat: Der Käfer-Kot ist nicht von vor Ort. Der Zusammensetzung nach muss jemand die Hinterlassenschaften irgendwo anders eingesammelt und dann an die Fundstelle gebracht haben. Das Ganze hat sich schon vor längerer Zeit abgespielt, die Bäume wurden Ende der Fällsaison im Februar gefällt. Inzwischen steht der Baustelle nichts mehr im Weg.

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Der Vorgang wurde öffentlich, kurz nachdem der Senat am 10. April seinen Entwurf für das Schneller-Bauen-Gesetz vorgelegt hat. Der Entwurf liegt »nd« vor. Mit diesem Gesetzespaket soll, wie der Name sagt, das Baugeschehen in Berlin beschleunigt werden. Dafür sollen nach Angaben von Bausenator Christian Gaebler (SPD) 41 Änderungen in neun Gesetzen vorgenommen werden. Aktuell liegt der Referentenentwurf bei 48 Verbänden, die zwei Wochen lang Zeit haben, sich mit dem Projekt zu befassen und eine Stellungnahme abzugeben.

Senat will Naturschutz schwächen

Unter den vielen anderen kleinteiligen Maßnahmen ist auch eine Änderung des Berliner Naturschutzgesetzes vorgesehen. Ausgleichsmaßnahmen für Bauprojekte sollen in Zukunft einfacher außerhalb Berlins vorgenommen werden können. Das gilt auch für die Umsiedlung bedrohter Tierarten. Auch werden Naturschutzbehörden geschwächt. Zwischen ihnen und Baugenehmigungsbehörden muss nicht mehr im Einvernehmen entschieden werden, sondern es reicht, wenn sie ins »Benehmen« gesetzt werden. Das heißt, dass sie noch Stellungnahmen abgeben können. Das Gleiche gilt für Behörden, die für den Baumschutz verantwortlich sind.

Umweltverbände warnen vor Instrumentalisierung

Auch wenn noch keine abschließende Beurteilungen seitens Umwelt- und anderer Verbände zum Entwurf vorliegen, warnt der Bund für Umwelt- und Naturschutz BUND vor einer Instrumentalisierung des Käfer-Gates aus Lichtenberg. »Eine versuchte Vortäuschung eines seltenen Käfervorkommens soll jetzt als Begründung für massive Einschnitte in geltendes Artenschutzrecht mit dem Schneller-Bauen-Gesetz herangezogen werden«, erklärte Christian Hönig, Fachreferent für Baumschutz beim BUND Berlin.

Der Vorfall sei vielmehr ein guter Beleg dafür, dass auch solche schrägen Situationen eben nicht automatisch zu einer Verhinderung von Vorhaben führe. Die zuständigen Stellen hätten das gut gelöst. »Es ist tatsächlich ein Bärendienst für den Artenschutz, wenn solche Methoden angewendet werden. Wir haben denn Fall damals bewusst nicht öffentlich gemacht, um niemanden auf falsche Gedanken zu bringen.«

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