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Jetzt soll es mit der Straßenbahn am Ostkreuz in Berlin klappen
BVG will erneut überarbeitete Planungsunterlagen im Mai einreichen
Wahrscheinlich ist es nicht das letzte Kapitel, aber zumindest ein neues in der schier unendlichen Planungsgeschichte der Neubaustrecke zur direkten Anbindung des Bahnhofs Ostkreuz an das Berliner Straßenbahnnetz.
Denn die Senatsverkehrsverwaltung bestätigt auf Anfrage von »nd« den zuletzt avisierten Termin »Sommer 2024« für die wegen großer Probleme nötig gewordene dritte öffentliche Auslage der Unterlagen des Planfeststellungsverfahrens. Das ist schon fast eine kleine Sensation, denn immer wieder wurden die angekündigten Termine gerissen, zwischenzeitlich wollte man überhaupt keine Prognose abgeben.
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Eine gewisse Skepsis schwingt trotzdem mit, wenn Michael Herden, Sprecher der Senatsverwaltung, erklärt: »Da die BVG die überarbeiteten Unterlagen für den Mai 2024 angekündigt hat, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Auslegung der Planfeststellungsunterlagen im Sommer 2024 stattfinden könnte, sofern die Unterlagen vollständig sind und den gesetzlichen Ansprüchen genügen.«
»Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für die Neubaustrecke zum Ostkreuz wurden mehrerer Lösungsansätze in Abstimmung mit der Feuerwehr ausgearbeitet. Die Gewährleistung eines zweiten Rettungswegs sowie den minimalen Eingriff in die vorhandenen Baumbestände wurden festgelegt«, ergänzen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) auf nd-Anfrage.
Erstmals waren die Pläne 2018 ausgelegt worden, doch das Schallschutzgutachten umfasste nicht alle Betroffenen. 2021 wurden angeblich durch das Versehen eines Dienstleisters nicht alle für die Auslegung nötigen Unterlagen veröffentlicht. Im Anschluss war bekannt geworden, dass die Feuerwehr seit Jahren erhebliche Bedenken hatte, wie in der engen Sonntagsstraße beim Einsatz von Leiterwagen Stromüberschläge von der Oberleitung sicher vermieden werden können.
Wenn jetzt und in der erwarteten Bauzeit von anderthalb Jahren alles glatt läuft, könnte es gerade noch so klappen mit der geplanten Baufertigstellung der übersichtlichen 1,2 Kilometer langen Neubaustrecke im Jahr 2026. Doch es gibt noch die Anwohner, von denen einige wild entschlossen sind, die Strecke zu verhindern. Es könnte wieder passieren, dass sie das Genehmigungsverfahren mit Hunderten Einwendungen torpedieren und schließlich auch versuchen zu klagen, sobald der Planfeststellungsbeschluss vorliegt.
Die schier endlosen Verzögerungen beim Projekt haben inzwischen auch ihre Spuren bei den rund 900 Metern Altstrecke in Boxhagener und Marktstraße hinterlassen. »Wegen der geplanten Neubaustrecke zum Ostkreuz und der damit vorgesehenen Stilllegung der Gleisanlagen in der Boxhagener Straße (Linie 21, zirka 40 Jahre alt) wird eine Grundinstandsetzung nicht mehr durchgeführt«, heißt es von der BVG.
Vor zwei Wochen hat die BVG akribisch den Zustand der Altstrecke erfasst. Das Ergebnis: Ab Mitte Mai soll auf ganzer Länge eine Langsamfahrstelle eingerichtet werden. Die Bahnen werden also deutlich langsamer als bisher fahren dürfen. Großartig verlängern dürfte das zumindest tagsüber die Fahrtzeiten nicht; die Züge stehen dort sowieso regelmäßig im Autostau.
Keine Prognose möchte die BVG abgeben, wann die geplante zusätzliche Straßenbahnlinie 22 das Angebot der Linie 21 zwischen dem Bahnhof Lichtenberg und der vorgesehenen Endstelle am Blockdammweg in Karlshorst auf einen Zehn-Minuten-Takt verdoppelt. Zurzeit laufe das Plangenehmigungsverfahren. »Wir können daher zum jetzigen Zeitpunkt noch keinerlei Aussagen über Termine tätigen, bevor die Prüfprozesse nicht abgeschlossen sind«, so die BVG. Der Bau des Wendegleises scheint auch eine größere Herausforderung zu sein als zunächst angenommen.
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