Oh nein, Hallervorden und Dehm bedichten den Gaza-Krieg

Wie bekommen Dieter Hallervorden und Diether Dehm wieder mehr Aufmerksamkeit? Sie veröffentlichen ein gemeinsames Kitschgedicht

Büttenreden mag er: Hier bekommt Dieter Hallervorden 2023 einen Münchner Karnevalspreis.
Büttenreden mag er: Hier bekommt Dieter Hallervorden 2023 einen Münchner Karnevalspreis.

Bevor sie medial ganz wegrutschen, weil die Zeit der Fernsehsketche ebenso vorbei zu sein scheint wie die der Politiksketche in der Linkspartei, greifen der Scherz-Schauspieler Dieter Hallervorden und der Unterhaltungspolitiker Dr. Diether Dehm zu einem besonders beliebten Mittel in der bundesdeutschen Aufmerksamkeitsökonomie: Israel kritisieren. Das findet immer jemand stark oder schwach oder blöd oder feige oder mutig oder abstoßend. Weil man es angeblich nicht soll oder darf oder muss oder will oder kann. Gerade in Deutschland, sagt man dann immer, egal wie oder wo man abbiegt.

Wie machen es Hallervorden und Dehm? Sie verfassen gemeinsam ein Kitschgedicht, nennen es bedeutungsächzend »Gaza Gaza« (warum nicht gleich »Hyper Hyper«?) und veröffentlichen es als Kitschvideo auf Youtube. Können Kriegsbilder mit Panzern, Bulldozer, Gräbern und einem Kind, das lebendig aus Trümmern geborgen wird, kitschig sein? Ja, wenn man sie mit leichter, aber doch schwer tuender Musik unterlegt und Hallervorden im Stil einer betroffenen Büttenrede vortragen lässt: »Beim Menschen-wie-Viecher-Vertreiben, / mit Hunger und mit Drohnen, / dieser Kinderfriedhof wird bleiben, / als Albtraum für Generationen.« Und dann hebt eine animierte Friedestaube aus Hallervordens Hand ab.

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Dem Ganzen ist eine kurze Vorrede von Hallervorden vorgeschaltet: »Natürlich verurteile auch ich den Terror von Hamas.« Aber kein Humanismus, keine Empathie ohne Einschränkung: »Grausamkeiten haben zumeist Vorgeschichten und kein Mensch wird als Terrorist geboren.« Nur dass diese »Vorgeschichten« durch das Video in die Jetztzeit verlegt werden – was ja auch das Kalkül der Hamas ist: Die Massaker vom 7. Oktober werden durch den Gaza-Krieg verdrängt. Denn das jüdische Israel soll immer schuld sein. Und deshalb gibt es auch bei Hallervorden und Dehm eine volle Ladung Triggerwörter: »Antisemitismus«, »Apartheid«, »Völkermord« – alles vornehm in Frageform gehalten, doch die Antwort ist in diesem Video klar. »Gaza Gaza« möchte gern ein deutsches Volkslied werden. Und Diether Dehm, den die neue Wagenknecht-Partei nicht will, spricht am 1. Mai in Zeitz im Burgenland. Als Redner ist dort auch André Poggenburg angekündigt. Der hat die AfD vor knapp fünf Jahren verlassen, weil sie ihm zu lasch war.

PS: Wer ein ernsthaftes pazifistisches Lied für Kinder und Erwachsene haben möchte, der höre auf Youtube »Wozu sind Kriege da?« von Pascal Kravetz, damals zehn Jahre alt, und Udo Lindenberg von 1981. Es beginnt so: »Keiner will sterben / Das ist doch klar / Wozu sind denn dann Kriege da?«

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