Polizeigewerkschafter will Linke anzeigen

Forderung nach Gerechtigkeit für fünf Polizeitote soll Beleidigung gewesen sein

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Mannheim will Strafanzeige gegen die Interventionistische Linke (IL) Rhein-Neckar erstatten. Das bestätigte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft in Baden-Württemberg Thomas Mohr auf Nachfrage des »nd«. Die Aktivisten hätten »immer wieder unsere Einsatzkräfte beleidigt, beschimpft und verunglimpft«, heißt es zur Begründung. Wegen Beleidigung, Verleumdung und übler Nachrede sollen sie sich nun strafrechtlich verantworten, so die GdP.

Hintergrund ist ein Protest der regionalen IL-Gruppe vor einem Informationsstand der Gewerkschaft auf dem Gelände des Mannheimer Maimarktes am 27. April. Am selben Tag war in der Stadt ein mutmaßlicher Einbrecher bei einem Polizeieinsatz von einem Baugerüst gestürzt und tödlich verunglückt.

Es war der fünfte Polizeitote innerhalb von zwei Jahren: Am 2. Mai 2022 hatten Beamte den psychiatriebetroffenen Ante P. auf dem Marktplatz erstickt, nur eine Woche später starb ein Mann bei einem Polizeieinsatz nach einem Beinschuss – der allerdings nicht todesursächlich gewesen sein soll. Ebenfalls im psychischen Ausnahmezustand war einen Tag vor Weihnachten im Jahr 2023 Ertekin Ö., den die Polizei wegen eines Messers erschoss. Vor zwei Wochen wurde schließlich ein weiterer Mann Opfer eines polizeilichen Todesschusses, nachdem er mit einer Machete bewaffnet in der Uni-Bibliothek randaliert haben soll.

Gegen diese Vorfälle hatten die Aktivisten mit einem Transparent mit der Aufschrift »Mannheimer Polizei tötet – Blut an euren Händen – Gerechtigkeit für Ante und Ertekin« protestiert und Aufklärung gefordert. »Wovon soll man sprechen, wenn Menschen durch Polizeikugeln sterben, als davon, dass sie getötet werden?«, schrieb die IL anschließend auf Instagram.

Es habe sich bei dem Protest um faktenbasierte Meinungsäußerungen gehandelt, sagt auch Jan Philipp Krauß von der »Initiative 2. Mai« auf Anfrage des »nd«. Die Gruppe hatte sich nach dem Tod des ersten Opfers in der Serie tödlicher Polizeigewalt gegründet. »Die Kriminalisierung zeigt deutlich die Aggressivität und Rechtsstaatsfeindlichkeit der Mannheimer Polizeigewerkschaft«, erklärt Krauß.

Die bloße Bezeichnung der Institution Polizei als gewalttätig gilt vor Gericht in der Regel nicht als Beleidigung, wenn nicht einzelne Beamte adressiert werden. Einen solchen Vorwurf hat auch der GdP-Landesvorsitzende Mohr bislang nicht erhoben. Die Anzeige könnte deshalb ins Leere laufen.

Der GdP-Landesverband in Baden-Württemberg unterstützt die Polizisten, die wegen des Todes von Ante P. vor Gericht standen und sich wohl einem Berufungsverfahren stellen müssen. Der Polizeigewerkschafter Mohr hatte dazu eine Betterplace-Kampagne gestartet. Das Start-up hat die Sammlung jedoch gestoppt, da diese keinen sozialen Zweck verfolge.

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