Werbung

Die Wildkatze im Haustier

Hauskatzen und ihre wilden Verwandten unterscheiden sich nur geringfügig

  • Anke Nussbücker
  • Lesedauer: 4 Min.
Hauskatzen könnten wahrscheinlich noch immer in der Wildnis überleben.
Hauskatzen könnten wahrscheinlich noch immer in der Wildnis überleben.

Weltweit leben rund 600 Millionen Hauskatzen, allein in Deutschland sind es etwa sieben Millionen. Ihre Geschichte der Haustierwerdung ist aber noch nicht abgeschlossen. Sie haben sich wichtige Fähigkeiten zum selbständigen Überleben weitgehend bewahrt, so das nächtliche Sehen mit einer besonderen Schicht hinter der Netzhaut ihrer leuchtenden Augen, ihr feines Gehör, ihre hoch sensiblen Bart- und Schnurrhaare, kleine Messkörperchen für Bodenvibrationen in ihren Sohlenballen und nicht zuletzt ihren Gleichgewichtssinn, der sie stets auf allen vier Tatzen aufkommen lässt.

Der Evolutionsbiologe Jonathan B. Losos hält bei Hauskatzen den Begriff »halb domestiziert« für angebracht. In seinem Buch »Von der Savanne aufs Sofa« begründet er das mit dem relativ geringen Unterschied zwischen den mittlerweile vom Aussterben bedrohten Wildkatzen und den meist freundlichen »Stubentigern«. Lediglich 13 Gene unterscheiden sich bei den anatomisch sehr ähnlichen Tieren. Hauskatzen haben einen 40 Prozent längeren Darm, der sie pflanzliche Nahrung wie Brot, Nudeln oder Gemüse besser verdauen lässt. Dennoch brauchen Katzen unbedingt Fleisch oder Fisch, weil sie nur so ihren hohen Bedarf an der Aminosäure Taurin für ihre Sehfähigkeit decken können. Die Europäische Wildkatze hat ein um 27 Prozent größeres Gehirn, in dem besonders die Areale für Aggression, Furcht und Reaktionsfähigkeit ausgeprägt sind.

Vorfahren in Nordafrika

Die gemeinsamen Vorfahren von Großkatzen wie Löwen und Kleinkatzen wie Rost-, Sand- und Wildkatze trennten sich vor etwa elf Millionen Jahren. Aus genetischen Untersuchungen archäologischer Katzen-DNA geht hervor, dass alle heutigen Hauskatzen von der nordafrikanischen Wildkatze abstammen. Wann und wo Zähmung und Domestizierung begannen, ist bislang nicht endgültig bewiesen. Auf Zypern wurden Knochen einer Hauskatze in einem 9500 Jahre alten Grab gefunden. Weitere Beweise wie mumifizierte Katzen, Skulpturen und Bildnisse entstammen dem ägyptischen Reich der Pharaonen vor 4000 Jahren.

Dort wurden Katzen als Gesandte der katzenköpfigen Göttin Bastet, der Göttin der Liebe und der Gesundheit, verehrt. Wahrscheinlich näherten sich die nordafrikanischen Katzen den großen Getreidespeichern, in denen sich zahllose Mäuse versteckten. Vor 2500 Jahren breiteten sich Katzen mit der Seefahrt nach Griechenland, Rom, Jordanien, Bulgarien und in die Türkei aus. Eine Katze auf dem Schiff hielt die Mäuse vom Proviant fern und wurde als Glücksbringerin geschätzt.

In den nordischen Mythen wurden Katzen für ihren Mut und ihre Wildheit bewundert. Die Druiden stellten die Wildkatze der Göttin Brigid zur Seite. Altgermanische Bilder zeigen die Göttin Freya mit vier Wildkatzen in ihrem typischen Fellmuster beige-schwarz-gestreift.

Verschiedene Farben der Hauskatzen entstanden erst innerhalb der vergangenen 2000 Jahre. Genmutationen für schwarz-weißes oder orangefarbenes Fell hätten in der Wildnis Nachteile gehabt. Auffällig gefärbte Katzen würden von ihren natürlichen Feinden wie großen Raubvögeln schneller gesehen und gefangen. Erst der Mensch, der durch Mutation entstandene besondere Farben zu selektieren begann, prägte diese Farbenvielfalt. Weiße Katzen galten als Symbol für Fruchtbarkeit und dreifarbige Katzen in weiß, grau getigert und orange wurden Glückskatzen genannt.

Bei der christlichen Kirche verpönt

Im Laufe der Christianisierung veränderte sich der Blick auf die Tiere. Einigen Vertretern der christlichen Kirche war es suspekt, wenn Katzen ihre leidenschaftliche Rolligkeit auslebten. Immerhin kann sich eine Freigängerin in den sieben Tagen, die ihr Eisprung andauert, etwa 15-mal am Tag lautstark mit einem oder verschiedenen Katern paaren. (Diese Töne wurden 1986 in dem DDR-Song »Katzen bei Nacht« von Petra Zieger wieder in ihre Natürlichkeit gehoben und mit verzerrter E-Gitarre nachempfunden.)

Im Spätmittelalter wurden schwarze Katzen als Symbol des Teufels dämonisiert und verfolgt. Das Wort Ketzer stand im direkten Zusammenhang mit Katzen, die von angeblich bösen Hexen gehalten wurden.

Heutzutage kritisieren vor allem Naturschützer den Jagdtrieb freilaufender Hauskatzen, die nicht nur Mäuse, sondern auch Singvögel töten. Der Biologe Jonathan Losos plädiert dafür, friedlichere Rassekatzen mit einem geringer ausgeprägten Jagdtrieb zu züchten, also eine Katze für das 21. Jahrhundert, die zum Beispiel Einzelkindern zu mehr Einfühlungsvermögen und älteren, einsamen Menschen zu einer Senkung des Blutdrucks verhelfen könnte.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.