- Wirtschaft und Umwelt
- Galeria Kaufhof
Galeria düpiert Verdi im Tarifstreit
Gewerkschaft kritisiert Vorgehen des Unternehmens
Der insolvente Essener Konzern Galeria Karstadt Kaufhof will die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi offenbar zu einem eigenen Warenhaus-Tarifvertrag drängen. Ein entsprechender Entwurf wurde Anfang der Woche vorgelegt. Verdi lehnte diesen ab. Über die Rückkehr in den Flächentarif, wie ihn die Arbeitnehmerseite fordert, will das Unternehmen erst gar nicht verhandeln.
Für die 12 000 Beschäftigten liest sich der Entwurf für den Haustarifvertrag nur auf den ersten Blick gut. Das Tarifangebot sieht eine achtprozentige Erhöhung der aktuell gezahlten Entgelte innerhalb der nächsten drei Jahre vor. Dazu soll es noch eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 600 Euro im September geben.
Das Ziel von Galeria ist es, die bestehenden Prämiensysteme neu zu strukturieren und durch eine »zusätzliche filialbezogene Erfolgsbeteiligungsprämie deutlich attraktiver« auszugestalten, wie Galeria mitteilte. Das Unternehmen will wohl erreichen, dass der im Jahr 2019 mit der Übernahme von Kaufhof durch Karstadt abgeschlossene Integrationstarifvertrag durch einen neuen Warenhaus-Tarifvertrag mit einer Laufzeit von mindestens drei Jahren abgelöst wird.
Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.
Galeria drängt darauf, schnell Fakten zu schaffen. »Langwierige und ergebnislose Tarifverhandlungen wie in der Vergangenheit passen nicht mehr in die kurzen Entscheidungsprozesse, die wir uns als mittelständisches Unternehmen vorgenommen haben«, erklärte Finanzgeschäftsführer Guido Mager am Dienstag zur Bekanntmachung des Vorschlags. Galeria habe Verdi mehrere Verhandlungstermine bis Ende August vorgeschlagen, um schnell zum Tarifabschluss zu kommen.
Regelrecht düpiert zeigten sich dagegen die Gewerkschaftsvertreter. Die waren am Dienstag nach Düsseldorf gereist, um die Sanierungspläne präsentiert zu bekommen und gemeinsam über die Zukunft von Galeria zu sprechen. »Tarifverträge sind das Ergebnis von Verhandlungen, an denen unsere Beschäftigten in der Bundestarifkommission beteiligt sind, und nicht von einseitigen vorschnellen Angeboten von Arbeitgebern, die die Bedeutung der Tarifautonomie nicht zu kennen scheinen«, erklärt Corinna Groß, Bundesfachgruppenleiterin Einzelhandel bei Verdi, nach der denkwürdigen Sitzung gegenüber Medien.
»Was die Arbeitgeber jetzt vorgelegt haben, liegt deutlich unter den jüngsten Tarifabschlüssen im Einzelhandel und vergrößert weiterhin die Differenz zum Flächentarifvertrag für den Einzelhandel«, meint Groß weiter. Der gelte laut Gewerkschaft wegen der inzwischen dritten Insolvenz bei Galeria ohnehin längst wieder.
Der Mannheimer Unternehmer Bernd Beetz und die US-Investmentgesellschaft NRDC von Richard Baker wollen die Warenhauskette übernehmen. Das Unternehmen will Ende Juli das laufende Insolvenzverfahren verlassen, im August soll dann die Übernahme durch die designierten neuen Eigentümer offiziell erfolgen. 83 der 92 Filialen sollen erhalten bleiben. Die Namen Karstadt und Kaufhof werden dann gestrichen.
Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen
Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.