Gefundenes Fressen

Larissa Kunert über einen vermeintlichen Skandal an der Kunsthalle Osnabrück

Die Kunsthalle Osnabrück ist der örtlichen CDU schon länger ein Dorn im Auge. Ihr Programm interessiere zu wenige Menschen, monierte man schon vor zwei Jahren. Nun gaben sich Kreisverband und Fraktion alle Mühe, einen Skandal herbeizureden: Eine Schau der Künstlerin Sophia Süßmilch müsse boykottiert werden, hieß es schon vor der Eröffnung am letzten Samstag. Die gezeigten Werke seien »inhaltlich und visuell absolut inakzeptabel«, so der Vorsitzende der Stadtratfraktion Marius Kreite. Als Teil des Jahresprogramms »Kinder, hört mal her!« sei die Ausstellung für Kinder ungeeignet.

Was erzürnt die Konservativen? Mit verschiedenen künstlerischen Mitteln verhandelt Süßmilch Themen wie Liebe, Moral und die gesellschaftliche Rolle der Frau. In Osnabrück geht es unter anderem um Kannibalinnen, die ihre Kinder verspeisen. »Übervorsichtig« (Süßmilch) hatte die Kunsthalle deswegen schon selbst einen Besuch erst ab 16 Jahren empfohlen. Dass die Aufregung unberechtigt ist, zeigen erste Stimmen aus der Kunstkritik. Skandal nicht vorhanden, künstlerischer Wert dagegen hoch, so der Tenor. Die Osnabrücker CDU hat sich als Verband von Banausen geoutet – aber ein Ziel erreicht: Mehr Interesse für die Kunsthalle gibt es jetzt. Süßmilch badet im Medienrummel. Das Ganze wäre eine amüsante Angelegenheit, wenn die Künstlerin im Zusammenhang mit der Ausstellung nicht auch anonyme Morddrohungen erhalten hätte. Dazu muss man hoffen, dass es sich bei den CDU-Appellen mit AfD-Sound nicht um Vorläufer eines erweiterten Kulturkampfes von rechts handelt.

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