Besetzung der GKN-Fabrik: Feiern für den Widerstand

Bei einer Veranstaltung zum dreijährigen Jubiläum der Besetzung der GKN-Fabrik bei Florenz geht es um Kampf und Wandel

  • Silvia Giagnoni, Florenz
  • Lesedauer: 6 Min.
Podiumsdiskussion über das Thema Arbeit bei der Feier zum dritten Jahrestag der Besetzung der ehemaligen Fabrik des Autozuliefererunternehmens GKN
Podiumsdiskussion über das Thema Arbeit bei der Feier zum dritten Jahrestag der Besetzung der ehemaligen Fabrik des Autozuliefererunternehmens GKN

Es war eine Initiative des Kampfes und keine Party, aber Tausende aus ganz Italien (und darüber hinaus) haben sich am Freitagabend bei der Veranstaltung »Wir hungern nach einer neuen Welt« auf der Piazza Poggi in Florenz vergnügt. Für die Arbeiter des Automobilzulieferers GKN war es das letzte Kapitel einer Mobilisierung, bei der sie nach und nach Räume in der Stadt eingenommen haben, um weiterhin sichtbar zu bleiben. Nachdem die Fabrik seit Anfang April im Dunkeln gelassen wurde, ist jetzt nur noch die Gewerkschaftsbesetzung mit Solarpaneelen beleuchtet, die dank des deutschen Solidaritätsnetzwerks angekommen sind. Um daran zu erinnern, dass »wir immer noch da sind«, haben sie den Platz unter dem Turm San Niccolò, Teil der Florentiner Stadtmauer, ausgewählt, den einige Arbeiter vor etwas mehr als einem Jahr »besetzt« hatten und dort sechs Tage ausharrten.

Die Initiative wurde damals nach acht Monaten nicht gezahlter Löhne beschlossen. Damit gelang es, Lohnausgleich zu erhalten aus der »cassa integrazione«, eine Art Kurzarbeitergeld, was durch die Abwesenheit der Unternehmensführung und durch die staatliche Bürokratie ins Stocken geraten war. »Wir feiern ein weiteres Jahr des Widerstands«, greift Francesca Coin von der Bühne aus an. Die feministische Soziologin moderiert ein Gespräch über Arbeit, auf der Bühne sitzen der bekannte Filmschauspieler Valerio Mastandrea, der Schriftsteller Christian Raimo und Tiziana Di Biasio vom Fabrikkollektiv. »Kultur ist die Erzählung von der Welt, die wir für uns selbst machen«, fährt sie fort. Der Kampf der GKN-Arbeiter habe »eine neue Art von Gewerkschaftsarbeit« bekannt gemacht. »Ein Wort mit einem uralten Klang«, fügt Raimo hinzu, das nun aber »nach Zukunft schmeckt«. Di Biasio erzählt davon, was es bedeutet, eine Frau in einer Männerfabrik zu sein, von ihrem wütenden Widerstand auch gegen diejenigen, die sie – eine alleinstehende Partnerin mit Kindern – verlassen musste.

»Aufbegehren ersetzt Empörung«

Valerio Mastandrea hat den Kampf der GKN von Anfang an verfolgt, gerade wegen dieses »Aufbegehrens, das endlich einmal die einfache Empörung ersetzt hat«. Und er spricht vom »extrem geringen« Interesse des zeitgenössischen italienischen Kinos am Thema Arbeit, weist darauf hin, dass, »wenn es eine strukturelle Krise gibt, diese auch eine künstlerische ist«.

Mastandrea liest aus dem Werk des britischen Literaturnobelpreisträgers Harold Pinter einen Dialog zwischen dem Arbeiter Wills und seinem Chef, Mr. Fibbs: »Die Arbeiter haben sich gegen einige unserer Produkte aufgelehnt«, sagt Wills. Und er beginnt aufzulisten, um welche Produkte es sich handelt. Herr Fibbs ist bestürzt und fragt: »Sagen Sie mir, Wills, was schlagen sie im Gegenzug vor? Probleme.«

»Wir feiern ein weiteres Jahr des Widerstands.«

Francesca Coin feministische Soziologin

Eine antifaschistische Begrüßung des Trans-Netzwerks Rom (»Wir haben die Kluft zwischen Bürgerrechten und sozialen Rechten überbrückt«) leitet über zum Konzert: Es reicht vom Rap von Mauràs und Romanticismo Periferico zum Ska der zeitlosen Banda Bassotti, wird ruhiger mit Gitarre und Gesang des Trios Dutch Nazari, Cimini, Eugenio Cesaro und endet mit dem Alternativrock von Sick Tamburo. Cimini singt »Scuse«: »E un litorale pieno di meduse/Porto sicuro con le porte chiuse« (etwa: Und eine Küste voller Quallen/Sicherer Hafen mit geschlossenen Türen).

Dann wird eine Verbindung hergestellt zu Enrico Baraldi und Nicola Borghesi an Bord der Sea Watch 5: »eine Erfahrung in Kontinuität« mit jener in der GKN-Fabrik, welche in das Theaterstück »Il Capitale« mündete. Mit dabei auf der Piazza Poggi sind auch die Antimilitaristen der Bewegung No Base, die sich gegen die Militarisierung in der Toskana wehren, von Coltano bis hin zur jüngst beschlossenen Erweiterung des Militärstützpunkts der Carabinieri im Naturpark von San Rossore, während junge Palästinenser aus Florenz im Laufe des gesamten Abends »Free Palestine«-Chöre anstimmen.

Ausgabe von Volksaktien

Die Kampagne für Volksaktien – gestartet im Juli 2023, um eine Million Euro zusammenzubringen – ist bis zum 30. September verlängert worden (derzeitiger Stand: 850 000 Euro). Dies ist nur ein Teil des komplexen Mosaiks, das erforderlich ist, damit der Kampf des Fabrikkollektivs zum gewünschten Ergebnis führt. Ein anderer ist die Verabschiedung des Regionalgesetzes für staatliche Industriekonsortien, dessen Gesetzgebungsprozess Anfang Juli nach einer Reihe von Kampfaktionen begann: die Demonstration am 18. Mai, nach der die GKN-Arbeiter »nicht mehr nach Hause kamen«; das Zeltlager der Arbeiter in den Gärten der Region, das dann auf die Florentiner Piazza dell’Indipendenza verlegt wurde; der 13-tägige Hungerstreik; der langsame Marsch von San Miniato, der von den religiösen Gemeinschaften der Stadt organisiert wurde und mit einer Umarmung der kämpfenden Arbeiter endete.

Matteo Moretti, Vertreter der Einheitsgewerkschaft RSU in der ehemaligen GKN-Fabrik, wiederholte während des Abends von der Bühne die Forderungen der Arbeiter: Sonderverwaltung des Unternehmens QF, derzeitiger Eigentümer der ehemaligen GKN-Fabrik, mit einem Kommissar, Gehälter sofort, Regionalgesetz jetzt. Inzwischen gibt es positive Gespräche zwischen der Region und dem Ministerium über die Einsetzung eines Kommissars. Am 16. Juli treffen sich die Ausschüsse für Entwicklung und Umwelt, um den entsprechenden Gesetzesentwurf 262 zu diskutieren. Damit die 140 verbliebenen Arbeiter über den Sommer kommen, hat die Region eine einmalige Beihilfe in Höhe von 3000 Euro bewilligt.

Protestmarsch durch Florenz

In der Nacht zieht ein Protestmarsch durch das Stadtzentrum von Florenz. Auf der Ponte alle Grazie, einer Brücke über den Arno, wird ein Banner mit dem Schriftzug »Commissariare QF« aufgehängt, umrahmt von rotem Rauch. Der Zug der Aktivisten durchquert Florenz und hält um 2 Uhr morgens in der Via Cavour an, vor dem Sitz von Regionalregierung und Präfektur, der Vertretung der Zentralregierung. Die Rückfahrt erfolgt mit dem Zug mitten in der Nacht oder mit einer spontanen Fahrt ans Meer, als der Morgen graut.

Der Dank an diejenigen, die diesen Kampf (weiter) lebendig halten, wurde gestern ans Fabrikkollektiv gepostet: »Wir schulen unser Ohr, um den Klang der Details zu hören: den Klang des Flugblatts, das von Hand zu Hand gereicht wird; des Messers, das Brötchen schneidet; derer, die ein- und ausladen; des zubereiteten Kaffees, des gezapften Biers, der getragenen Transparente, der gestalteten und aufgehängten Plakate. Dieser subtile Klang des Protagonismus (als Selbstermächtigung des handelndes Subjekt, d. Red.) ist die Grundlage für jeden Kampf und jede Veränderung« – der Klang, der Ärger für das Kapital verheißt.

Der Text wurde »nd« zur Verfügung gestellt von der linken italienischen Tageszeitung »il manifesto«, mit der wir künftig enger kooperieren werden. Übersetzung: Cyrus Salimi-Asl.

Italien: Besetzung der GKN-Fabrik: Feiern für den Widerstand
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