Das Merz-Prinzip

Der CDU-Chef schlägt am Beispiel der Bahn eine neue Strategie vor: Was nicht funktioniert, lässt man weg

Eurofighter-Copilot Friedrich Merz
Eurofighter-Copilot Friedrich Merz

Dass Friedrich Merz etwas von Verkehrspolitik versteht, wusste man noch gar nicht. Es ist immerhin eine günstige Gelegenheit, sich hervorzutun, denn sowohl der amtierende Verkehrsminister Wissing von der FDP als auch seine zahlreichen Vorgänger von der CSU haben die Latte nicht besonders hoch gelegt.

So saß Merz also im TV-Sommerinterview und sprach, wenn die Bahn überfordert sei, müsse man eben das Angebot reduzieren. Boah (Ausruf der Verblüffung), wie jüngere Menschen sagen würden. Auf diesen großen Wurf können die in Details befangenen Fachleute gar nicht kommen (Achtung: Betriebsblindheit!), sondern nur unbelastete, frische Seiteneinsteiger: Weniger Strecken, weniger Fahrten, weniger Probleme. Weniger ist – nun ja, nicht mehr, aber eben, also, weniger.

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Und vor allem: Dieses geniale Prinzip lässt sich auf andere Bereiche übertragen. Natürlich nicht auf die Bundeswehr, um hier gleich Unflatstürmen vorzubeugen; die muss gepäppelt werden. Aber sonst – überall. Beispielsweise im Gesundheitswesen. Wenn es überlastet ist, wird es eben gestutzt. So lange, bis das wenige, das übrig bleibt, irgendwie sein Pensum schafft. Und wer keinen Arzttermin bekommt – soll er doch Privatpatient werden. Schon in der DDR wusste man: Privat geht vor Katastrophe. Das war zwar damals anders gemeint (die Jüngeren mögen die Älteren fragen und die Wessis die Ossis), aber: Auch heute ist das eine elementare Lebensweisheit. Schicke Privatschule statt marode städtische Lehranstalt. Und so weiter.

Es war die französische Königin Marie Antoinette, der ein legendäres Zitat zugeschrieben wird. Dass sie wirklich die Urheberin ist, wird von Historikern bezweifelt, aber selbst wenn es ausgedacht ist, ist es doch sehr schön erfunden: »Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie Kuchen essen.« Das sei, heißt es, nicht korrekt übersetzt. Sie habe nicht von Kuchen gesprochen, wie wir ihn heute kennen, sondern von Brioche, einem einfachen Hefegebäck. Aber immerhin, der Spruch gilt als Beweis inniger Volksverbundenheit einer im Paralleluniversum der Paläste lebenden Aristokratin.

Fridericus Merz animiert zu einer weiteren Variation des königlichen Credos: Wenn die Bahn nicht fährt, dann sollen sie doch den Eurofighter anfordern. Das geht; Merz gönnte sich neulich eine entsprechende Mitfluggelegenheit bei der Luftwaffe im Wert von 100 000 Euro. Kostenlos. Natürlich wird ihm der Volkszorn keines der verbliebenen Haare krümmen; ganz anders als bei der später guillotinierten Regentin. Es würde schon reichen, wenn man ihn bei der nächsten Wahl einfach nicht ankreuzt. Soll er doch seine Blackrock-Pension verzehren, wenn er nicht Kanzler wird!

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