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Olympia in Berlin: Brot statt Spiele
Berlin braucht kein Olympia, meint Marten Brehmer
In Paris werden aktuell riesige Turbinen angeworfen, um die Seine – die der Spree in Sachen Dreck kaum nachsteht – noch rechtzeitig vor Beginn der Olympischen Spiele so weit zu reinigen, dass dort Schwimmwettbewerbe stattfinden können. Währenddessen steht schon ein Austragungsort für kommende Olympiaden am Startblock: Die Bundesregierung unterstützt die deutsche Bewerbung für Olympia 2036 und 2040. Auch Berlin gehört zu den Städten, die die Spiele zu sich holen wollen. Schon im November hatte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) die Olympia-Bewerbung »eine Riesenchance« genannt.
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Eine Chance worauf? Zweifellos steht hinter Olympia ein hehrer Gedanke: Die Völker dieser Welt sollen ihre Konflikte lieber im fairen sportlichen Wettbewerb austragen als mit Krieg. Für die austragenden Städte bedeuteten die Spiele indes selten Gutes: Aktivisten berichten, dass in Paris Obdachlose und andere Unerwünschte gezielt aus der Umgebung der Spielstätten vertrieben werden. Die Spiele in Tokio 2021 waren von Korruptionsskandalen überschattet. Fast überall war Olympia am Ende ein – zumeist milliardenschweres – Minusgeschäft.
Wenig spricht dafür, dass es in Berlin anders wäre. Der Senat plant in der aktuellen Haushaltskrise, die soziale Struktur massiv zusammenzukürzen. Das wirft Fragen auf, woher er das Geld für die neu zu bauenden Sportstätten nehmen will. Besser investiert wären die Mittel wohl ohnehin in den Breitensport.
Dazu kommt eine historische Parallele, die sich aufdrängt: Die Spiele würden genau 100 Jahre nach der Nazi-Olympiade 1936 stattfinden. Was als Symbol der Versöhnung gemeint ist, wirkt angesichts des noch immer omnipräsenten Antisemitismus in der Hauptstadt deplatziert.
Es geht auch anders: In Hamburg lehnte die Bevölkerung 2015 eine Olympia-Bewerbung per Volksentscheid ab. Die weisen Hanseaten könnten für Berlin ein Vorbild sein.
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