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Mehr Frauenpower im deutschen Fußball
Mit einer neuen Initiative soll das Berufsfeld Profi-Fußball offener für Frauen werden
So viel Frauenpower hat sich auf dem Campus des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Frankfurt am Main wohl noch nie versammelt: Die Plätze im Raum »Golden Goal« waren beim ersten »Women in Football Summit« am Mittwoch mit 150 Teilnehmerinnen besetzt. Diese einte das Interesse an der Arbeit im Berufsfeld Fußball. Die für Gleichstellung und Diversität zuständige DFB-Vizepräsidentin Celia Sasic rief ihnen gleich zur Begrüßung der ganztägigen Veranstaltung zu, dass der Fußball weiblicher werden müsse, denn: »Der Gedanke ist doch veraltet, dass Fußball und Frauen nicht zusammenpassen.«
Heutzutage sei Fußball auf allen Ebenen ein Zukunftsprojekt für Frauen, betonte die ehemalige Nationalspielerin. Die 36-Jährige gehört im DFB-Präsidium zu jenen fünf Frauen, die dem Vernehmen nach für einen Kulturwandel gesorgt haben. »Kompetenzen von Frauen sind wichtig, um international nicht abgehängt zu werden«, sagte Sasic. Die EM-Botschafterin erwähnte das Beispiel des kanadischen Nationaltrainers John Herdman, der zuerst die Frauen, dann bis 2023 die Männer seines Landes coachte. »Frauenfußball ist keine Karrieresackgasse mehr!«
Beim DFB sind knapp 20 Prozent der Führungskräfte und ein Drittel der 650 Personen umfassenden Belegschaft weiblich. Doch im Gegensatz dazu hat der deutsche Profifußball auf Vereinsebene noch nicht viel vorzuweisen: Nur vier der 36 Lizenzvereine aus der 1. und 2. Bundesliga der Männer vertrauen auf Frauen in der Geschäftsführung. Gerade sechs Frauen arbeiten im Top-Management. Einer der männlichen Gäste auf dem Kongress, Axel Hellmann von Eintracht Frankfurt, räumte deswegen ein, dass es noch »ein weiter Weg« zu wirklichen Veränderungen sei.
Diversität sei ja eigentlich ein Grundprinzip in der multikulturellen Mainmetropole, sagte der Vorstandssprecher der Eintracht. »Jede Form von Vielfalt ist bei uns in der DNA verankert.« Gleichwohl müsste man selbst viel besser werden. Mit Nicole Kumpis legte die Präsidentin von Eintracht Braunschweig aus dem Plenum den Finger in die offene Wunde der Hessen: Die Frankfurter hätten ja auch keine Frau in Vorstand und Aufsichtsrat. Topfunktionär Hellmann nannte es selbstkritisch eine »Aufgabe und Herausforderung«. Vor allem für den Gesamtverein mit 58 Sportarten und mehr als 140 000 Mitgliedern: »Es beginnt mit einer ehrlichen Analyse: Wir haben erhebliche Defizite. Ich habe das Thema mehrfach adressiert. Das können wir nicht von oben verordnen. Das muss aus der Mitgliederschaft kommen.«
Letztlich sei die Einbindung für einen im Männer- wie Frauenfußball ambitionierten Klub wie Frankfurt wichtig, um Leistung zu erbringen: »Wir möchten die besten Köpfe und Leute – und das sind nicht nur Männer. Wer das nicht macht, kann nicht Topleistung bringen.« Die Fusion vor vier Jahren mit dem 1. FFC Frankfurt sei auch deshalb erfolgt, damit aus dem Frauenfußball »sportliche Kompetenz diffundiert«.
An dieser Stelle führte der Jurist aus, dass er sich sehr wohl vorstellen könne, dass irgendwann auch eine Frau die Männerprofis trainiert. »Es wird eine höhere Durchlässigkeit geben bis hin zur Besetzung von Cheftrainerinnen. Abgesehen vom FC Ingolstadt sieht es doch sehr spärlich aus.« Wird die Eintracht irgendwann sogar der erste Männer-Bundesligist mit einer Frau als Chefcoach? »Wenn ich mir anschaue, wen wir in der Entwicklung von Talenten in der Jugend haben, kann ich mir das vorstellen.« Gemeint war sicher Friederike Kromp, die als Nachwuchskoordinatorin und U20-Trainerin genau wie ihre Ko-Trainerin Julia Simic hohe Wertschätzung im Eintracht-Kosmos genießt. Beide treten im Fernsehen regelmäßig als Expertinnen bei Männerspielen auf.
Insgesamt sieht es Hellmann als überholt an, Akquise aus einer reinen Männerwelt zu betreiben. Für den 53-Jährigen muss nicht jeder die Historie der Eintracht seit 1959 kennen, um einen Job im Herzen von Europa anzutreten. Frauen hätten intern auf der Geschäftsstelle des hessischen Bundesligisten »ein Vorfahrtsschild« bekommen. Seit Sommer setzt beispielsweise die ehemalige Unternehmensberaterin Christine Thoma federführend den Strategieprozess um. Die Personalchefin soll eine bessere Parität gewährleisten. Der Eintracht-Boss wollte sich indes gar nicht zu kräftig auf die breiten Schultern klopfen: »Wir sind noch nicht auf einem Vorzeigeweg. Wir haben nur das gemacht, was vor 15 Jahren schon in der Wirtschaft getan worden ist.«
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