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Loan’s Supermarkt in Berlin: Sieg gegen Verdrängung
Loan’s Supermarkt in Friedrichshain-Kreuzberg kann weitermachen – doch die Lage in den Kiezen bleibt angespannt
Der kleine Laden in der Grünberger Straße 22 im Ortsteil Friedrichshain unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht besonders von den vielen anderen Geschäften: Obst, Gemüse, Bier, Tabak und andere Dinge des täglichen Bedarfs gibt es hier im Angebot. Dass es sich bei Loan’s Supermarkt aber eben doch nicht um einen Laden wie jeden anderen handelt, wurde spätestens in den vergangenen Tagen deutlich.
»Hier bekomme ich, was ich brauche und muss nicht ewig lange an der Kasse anstehen, wie in einer großen Kaufhalle«, sagt eine Kundin zu »nd«, die mit voller Einkaufstüte den Laden verlässt. Sie hat die frohe Kunde schon erfahren: Loan’s Supermarkt kann weitermachen – das sah Mitte September noch anders aus. Der Nachbarschaft war bekannt geworden, dass der Eigentümer des Hauses den Gewerbemietvertrag nicht mehr verlängern wollte. Ende Oktober hätte der Laden dann nach über 25 Jahren schließen müssen.
Die Eigentümer*innen hatten bereits geplant, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen. Den Laden wollten sie samt Inventar an einen Nachfolger verkaufen und so ihre Altersrente aufbessern. Wäre der Vertrag gekündigt worden, hätten sie ihr Geld nicht bekommen. Mittlerweile hat sich ein Nachfolger für den Laden gefunden, der auch vom Eigentümer akzeptiert wird.
In einem Schreiben an Kathrin Schmidberger, die für die Berliner Grünen im Abgeordnetenhaus sitzt, hieß es, dass die Räumlichkeiten erst gründlich renoviert werden müssten, bevor sie wieder vermietet werden. Schmidberger hatte sich an den Eigentümer gewandt und die Verlängerung des Gewerbemietvertrags von Loan’s Supermarkt gefordert. Zuvor hatte die Stadtteilinitiative »Weberwiese – das Milieu sind wir« Alarm geschlagen. »Rettet Loan’s Supermarkt« lautete der Titel eines Aufrufs, mit dem in der Nachbarschaft für Unterschriften geworben wurde.
»Für uns als Nachbarschaft hatte die Schließung des Ladens einen weiteren Verlust für existenzielle wohnraumnahe Lebensmittelversorgung bedeutet«, sagt Bernd L. von der Mieter*inneninitiative zu »nd«. Er befürchtet, dass mit der Schließung des Ladens ein Stück von dem Milieu verschwunden wäre, das die Initiative erhalten will. In ihr haben sich Mieter*innen des denkmalgeschützten Gebäudekomplexes zwischen Warschauer Straße, Frankfurter Tor und Ostbahnhof zusammengeschlossen. Sie wehren sich gegen Verdrängung der Altmieter*innen.
Es kommt immer immer häufiger vor, dass sich Berliner Mieter*innen auch für den Erhalt von Kleingewerbe in ihrer Nachbarschaft einsetzen. So mobilisierte die Initiative »Wem gehört der Laskerkiez?« in den vergangenen Monaten gleich zweimal für den Erhalt von kleinen Läden im Kiez in der Nähe des Bahnhofs Ostkreuz. Nach einer von der Stadtteilinitiative gestarteten Unterschriftenkampagne konnte auch ein beliebter Spätkauf am Rudolfplatz mit einem neuen Vertrag weitermachen.
Sogar über Berlin hinaus wurde 2015 der Kampf gegen die Kündigung eines Gemüseladens in der Wrangelstraße in Kreuzberg bekannt. Initiiert wurde er von der Initiative Bizim Kiez, über mehrere Monate hinweg. Die Schließung des Ladens konnte zunächst verhindert werden. Inzwischen steht er trotzdem leer.
Auch in der Grünberger Straße wurde die Schließung nun also vorerst abgewendet. Bernd L. Ist überrascht, dass es so schnell ging, nachdem die Initiative an die Öffentlichkeit ging. Der Erfolg könne ansteckend wirken, hofft er: »Wir müssen leider schließen«, teilten jüngst die Betreiber*innen des Buchladens »Lesen und lesen lassen« in der Wühlischstraße in Friedrichshain mit. Nach 28 Jahren soll er am 19. Oktober wegen untragbaren Mieterhöhungen schließen. Mittlerweile überliegen einige Anwohner*innen, wie sie den Buchladen unterstützen können.
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