Eine Tram für die Sonnenallee

Ersatz für den Bus M41: Berliner Senat stellt Planungen für Tram vom Potsdamer Platz nach Schöneweide vor

Bus statt Bahn auf der Baumschulenstraße? Eine Fotomontage zeigt wie die Linie M41 künftig befahren werden könnte.
Bus statt Bahn auf der Baumschulenstraße? Eine Fotomontage zeigt wie die Linie M41 künftig befahren werden könnte.

»Kann nur besser als der Bus werden«, lautet der erste Kommentar in einem Internetforum zur Ankündigung der Senatsverkehrsverwaltung eines »Infomarktes« zu den ersten Planungsschritten für die neue Straßenbahnstrecke vom Potsdamer Platz bis zum Bahnhof Schöneweide. Mehr als zwölf Kilometer lang soll die neue Verbindung werden und auch die Buslinie M41 entlang von Sonnenallee und Urbanstraße ersetzen.

Die M41 ist eine der überlastetsten Busverbindungen Berlins. Laut Fahrplan soll sie in der Spitze alle vier Minuten fahren, in der Realität kommt auch mal eine Viertelstunde kein Bus, dafür folgen dann aber drei hintereinander. Staus, Falschparker, schlechte Ampelschaltungen und auch der schiere Fahrgastandrang sorgen für solche Verzögerungen, dass die Busse sich irgendwann mal in einem Pulk ballen. Dem Elend der Linie wurde vor einigen Jahren sogar ein Lied gewidmet.

Dementsprechend trifft der sogenannte Infomarkt am Mittwochabend auf große Resonanz. Bereits eine Viertelstunde vor Veranstaltungsbeginn haben sich Dutzende im Vorraum des Nachbarschaftshauses Urbanstraße in Kreuzberg versammelt, vor dessen Türen irgendwann die Tram M41 fahren soll.

In Senatsveröffentlichungen gab es vor einigen Jahren eine Kostenschätzung. 175 Millionen Euro soll die Strecke demnach kosten. Die Zahlen dürften inzwischen überholt sein.

Dass die von der inzwischen zurückgetretenen Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) Ende Dezember 2023 endlich konkret angestoßene Planung noch in einer sehr frühen Phase ist, zeigen die über den großen Raum verteilten Stellwände. Ein ganzes Gewirr bunter Linien führt über Stadtplanausschnitte. Sie treffen sich an definierten Knotenpunkten. Logischerweise den Ausgangspunkten, aber auch am Blücherplatz am Halleschen Tor in Kreuzberg und im Bereich der Grenzallee zwischen Karl-Marx-Straße und Sonnenallee in Neukölln.

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Nur entlang der Sonnenallee zwischen Hermannplatz und Dammweg sind in der sogenannten Phase der Trassenfindung bereits alle Alternativen ausgeschieden. Das ist mit bis zu 45 000 Fahrgästen täglich der am stärksten belastete Abschnitt der Buslinie M41.

Weiter nördlich ist neben der Urbanstraße auch eine Führung zum Halleschen Tor über Hasenheide und Blücherstraße im Rennen. Die Stresemannstraße ist nur für die Führung zwischen Potsdamer Platz und Anhalter Bahnhof gesetzt, anschließend verzweigen sich die möglichen Trassen im Bereich zwischen Landwehrkanal und Wilhelmstraße.

Der Blücherplatz vor der Amerika-Gedenkbibliothek wird gesondert betrachtet. »Die Straßenbahn kann eine Chance sein, den Blücherplatz attraktiver zu gestalten«, heißt es. Ein »minimalinvasiver Ansatz« würde die Tram Sonnenallee als auch die geplante Verbindung vom Spittelmarkt zum Mehringdamm nördlich um den Platz führen, andere Ansätze würden die Strecken in »qualitativ hochwertiger Ausgestaltung« an die Bibliothek heranrücken.

Und auch im Süden wird eine Reihe von Alternativen noch genauer untersucht. Erstaunlicherweise in der Wertung am schlechtesten von den weiter zu untersuchenden Varianten schneidet die Führung von der Sonnenallee über die Baumschulenstraße und die B96a zum Bahnhof Schöneweide ab. Gründe seien die etwas längere Strecke und somit Fahrzeit, und dass die Tram in der Baumschulenstraße im Autoverkehr mitschwimmen muss, heißt es.

»Ich erwarte vom BVG-Vorstandsvorsitzenden Henrik Falk, dass er etwas vom Hamburger Spirit nach Berlin bringt.«

Christian Linow Fahrgastverband IGEB

Bei Christian Linow vom Berliner Fahrgastverband IGEB trifft das auf völliges Unverständnis. »Die Baumschulenstraße ist ein Ortsteilzentrum, da wollen die Leute hin. Außerdem gibt es an der Schnellerstraße große Entwicklungsprojekte, die für deutlichen Fahrgastzuspruch sorgen werden«, sagt er zu »nd«. »Hintenrum« zum Bahnhof Schöneweide würde man hauptsächlich den Friedhof Baumschulenweg und das Waldgebiet Königsheide erschließen. »Da ist es völlig klar, dass die maximal 600 Meter Umweg durch die Baumschulenstraße die einzig sinnvolle Option sind«, unterstreicht er.

Zusammen mit Mitstreitern hatte er sich intensiv mit der Tram M41 befasst und 2022 eine umfangreiche Broschüre vorgelegt. Und während inzwischen für den Neubau der Marggraffbrücke im Zuge der B96a offiziell bestätigt sei, dass er eine Straßenbahnstrecke tragen könnte, sei das für die anderen möglichen Querungen des Britzer Verbindungskanals vollkommen unklar.

Im Nachbarschaftshaus Urbanstraße sorgen sich einige um wegfallende Parkplätze, andere fürchten Baumfällungen an den Straßenrändern und auf den Mittelstreifen. Besonders erregt zeigen sich einige Kleingärtner aus Baumschulenweg, weil geprüfte Trassen mitten durch die Anlage führen – diese Varianten sind aber längst aus der Planung ausgeschieden. Doch viele freuen sich auch auf die Straßenbahn, insbesondere auf der Sonnenallee. Sie hoffen auf eine einhergehende Verkehrsberuhigung und einen attraktiveren Stadtraum. An der Urbanstraße gibt es ähnliche Hoffnungen.

Christian Linow erneuert auch die Forderung, den Bau des Südabschnitts von Schöneweide »mindestens bis zum S-Bahnhof Köllnische Heide« vorzuziehen – auf 2028. »Ich erwarte vom BVG-Vorstandsvorsitzenden Henrik Falk, dass er etwas vom Hamburger Spirit nach Berlin bringt«, so Linow. An der Elbe schaffe man es, fünf Jahre nach Planungsbeginn für neue U-Bahn-Strecken den ersten Spatenstich zu setzen. Falk war zehn Jahre lang Chef der Hamburger Hochbahn. Die geforderten rund vier Kilometer Neubaustrecke wären eine auch für Berlin handhabbare erste Etappe.

Bisher haben diese Forderungen nicht gefruchtet. Offiziell rechnet der Senat mit einer Fertigstellung im Jahr 2035. »Wir sind weit weg von Verfahren, die später in der Planfeststellung landen«, sagt Imke Steinmeyer, frischgebackene Abteilungsleiterin Mobilität in der Senatsverwaltung bei der Begrüßung der Interessierten am Mittwochabend. Es gehe derzeit darum, »ein qualitätsvolles Angebot mit einer Straßenbahn vielleicht herstellen zu können«. Weniger Spirit geht kaum.

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