Bundesliga: Die Frauen planen den Aufstand – gegen den DFB

Mit Hilfe aus England wollen die Bundesligaklubs die beste »Liga der Welt« erschaffen

  • Frank Hellmann
  • Lesedauer: 5 Min.
Leere Ränge, überschaubarer Erfolg: Dora Zeller (M.) und der 1. FC Köln kämpfen in der Bundesliga ums Überleben. Der Klub treibt nun die Abnabelung vom DFB voran.
Leere Ränge, überschaubarer Erfolg: Dora Zeller (M.) und der 1. FC Köln kämpfen in der Bundesliga ums Überleben. Der Klub treibt nun die Abnabelung vom DFB voran.

Nur in einer Länderspielpause bei den Männern geht der Vorhang für die Frauen so weit auf: Wenn in der Bundesliga Eintracht Frankfurt am Sonnabend bei der TSG Hoffenheim antritt, überträgt die ARD live. Das größere Fernsehpublikum wird dann allerdings auch den eher beschaulichen Rahmen im Dietmar-Hopp-Stadion gewahr – obwohl doch eigentlich mehr gehen müsste. Deshalb haben elf Klubs der Frauen-Bundesliga die »Geschäftsplan Frauen-Bundesliga Projekt GbR« gegründet. Man will mit Hilfe der englischen Agentur Portas ausloten, wie ein sich selbst tragendes Ökosystem aussehen kann.

Außer dem VfL Wolfsburg, der aus konzerninternen Gründen dieser Gesellschaft nicht beitreten konnte, haben alle Klubs Vertreter entsandt. Portas war bei der Ausgliederung von Englands Women’s Super League (WSL) beteiligt und hat mit seinem achtköpfigen Projektteam mit Patrick Massey an der Spitze nun auch für Deutschland ein Komplettpaket vorgestellt, das die Klubs rund 200 000 Euro kostet. Diagnose, Geschäftsplan, Finanzierungsstrategie bis hin zur Umsetzung: Es geht um eine Liga mit neuer Identität, neuem Format und neuen professionellen Standards.

Klubs wollen schnellere Fortschritte

Der bislang verantwortliche und über das Vorgehen informierte Deutsche Fußball-Bund (DFB) bestimmt nicht mehr mit, weil die Vereine nach schnelleren Fortschritten streben. Der Verband hatte im vergangenen Jahr einen umfassenden Wachstums- und Professionalisierungsplan vorgelegt, mit dem die Klubs jedoch nicht zufrieden waren. Zudem hatte der DFB für zehn Jahre einen Finanzbedarf von 135,8 Millionen Euro ausgerechnet. Woher soll das Geld kommen?

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Im Februar berieten die Vereine erstmals in Köln über ein eigenes Vorgehen, im Mai folgte in Frankfurt ein weiteres Treffen. Treibende Kräfte sind Eintracht Frankfurt, Bayern München und der 1. FC Köln. Auffällig sei die Einigkeit trotz großer Unterschiede, heißt es. Frankfurts Technische Direktorin Katharina Kiel, Bayerns Sportdirektorin Bianca Rech oder Kölns Abteilungsleiterin Nicole Bender-Rummler pflegen einen vertrauensvollen Austausch. Auf oberster Ebene haben sich auch schon die Vorstände Axel Hellmann (Frankfurt), Jan-Christian Dreesen (Bayern) und Christian Keller (Köln) ausgetauscht. Denkverbote soll es nicht geben.

Planspiele ohne den DFB

Die weitere Rolle des DFB könnte spannend werden. Portas nennt als eine von fünf zentralen Fragen: Wie sollte die Liga geführt und betrieben werden? Die Anpassung der Organisation ist ein Teil des Maßnahmenpakets. Die professionellen Berater sind mit dem DFB-Ausschuss Frauen-Bundesligen und weiteren Vertretern im Austausch. Gleichwohl ist nicht ausgeschlossen, dass es den Verband irgendwann gar nicht mehr braucht. Die Abnabelung – möglicherweise in einer eigenen Gesellschaft, an der Anteile verkauft werden können – wäre ein mutiger Weg. Eine Übergangsphase von zwei, drei Jahren bräuchte es mindestens. Die Vereine wollen Ende des Jahres erste Ergebnisse vorstellen.

Ziel sei es nicht, stellt Kiel auf Nachfrage klar, »ein Abbild des Männerfußballs zu kreieren«. Sie arbeitet seit zwei Jahren für die Eintracht und treibt strategische Themen voran. Sie will nicht einfach eine Kopie der überaus erfolgreich vermarkteten WSL in England, sondern ein eigenes Modell, das auf die Bedürfnisse der Klubs und ihrer jeweiligen Zielgruppen abgestimmt ist.

Die Ziele von Portas für eine »ikonische, unverwechselbare Liga-Marke« sind ambitioniert: Die Infrastruktur soll optimiert, die Sichtbarkeit gesteigert, die Fanbindung gefördert und das Produkt verbessert werden – um zur besten »Frauensportliga der Welt« zu werden. Angestrebt werden bis 2030 Einnahmen der Liga von 100 Millionen Euro, Netto-Profitabilität in allen Klubs, eine durchschnittliche Zuschauerzahl von 20 000 Fans, jährlich 100 Millionen Menschen über soziale Medien von Liga, Klubs und Aktiven zu erreichen sowie das Berliner Olympiastadion für große Spiele zu füllen. Zuletzt war die Zahl der Highlight-Spiele rückläufig: Bislang haben sich nur der VfL Wolfsburg gegen den FC Bayern vor 17 152 Zuschauern und Werder Bremen gegen Bayer Leverkusen vor 22 721 Besuchern den Umzug in ein sonst von den Männern genutztes Stadion getraut.

Portas beschreibt noch andere Visionen: Deutschland soll mehrfach die Champions League sowie die WM 2031 gewinnen und danach Gastgeber einer WM werden, was bei der Bewerbung für 2027 misslang. Im WM-Jahr 2027 sollen auf Frauen fokussierte Investoren der Bundesliga durch Anteile an einem »Founders Klub« beitreten und neue Broadcast-Partnerschaften vor allem junge, diverse Zielgruppen in Deutschland, aber auch Europa ansprechen.

Abhängigkeit von den Männern

Der DFB-Wirtschaftsreport wies zuletzt nur zwei Millionen Euro auf der Erlösseite für jeden Bundesligisten aus. Der durchschnittliche Verlust lag in der Saison 2022/23 bei 1,8 Millionen; bei den Spitzenklubs mit internationalen Ambitionen ist das Minus deutlich größer. Frankfurts Kiel macht klar: »Wir bezahlen den Betrieb.« Der stark wachsende Markt des Frauenfußballs führe zu einer »immer größeren Abhängigkeit vom Männerfußball und stellt die reinen Frauenvereine vor eine noch größere Herausforderung«.

Der DFB konnte nach der erfolgreichen EM 2022 in England zwar sofort für eine breitflächige TV-Abdeckung sorgen, von der andere Frauen-Ballsportarten nur träumen. 5,17 Millionen Euro kommen über den noch bis 2027 laufenden Fernsehvertrag herein. Doch die Wertschöpfungskette müsste eigentlich viel schneller verbessert werden, wenn die Liga nächste Saison mit 14 Klubs spielt. »Jeder Klub, ob national oder international, hat gerade denselben Wachstumsschmerz«, erklärt Kiel, »denn die steigenden Ausgaben sorgen überall für den entsprechenden Druck.«

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