Rafael Nadal: Des Königs letzte Bälle

Der Spanier steht bei der Davis-Cup-Endrunde in Malaga vor seinem letzten Auftritt

  • Lennart Garbes
  • Lesedauer: 4 Min.
Noch einmal volle Konzentration auf den Ball: Rafael Nadal beim Training vor dem Davis-Cup-Finale in Malaga
Noch einmal volle Konzentration auf den Ball: Rafael Nadal beim Training vor dem Davis-Cup-Finale in Malaga

20 Jahre ist er inzwischen her, der erste große Erfolg von Rafael Nadal. Am 5. Dezember 2004 im Alter von 18 Jahren und sechs Monaten gewann der Mallorquiner mit dem spanischen Team den Davis Cup gegen die USA. Beim Endspiel in Valencia wurde Nadal zum zweitjüngsten Spieler nach Boris Becker, der je ein Einzelmatch in einem Davis-Cup-Finale gewinnen konnte. Es war der Startschuss für eine Tenniskarriere, die einmalig bleiben dürfte und die nun zwei Jahrzehnte später wieder beim Davis Cup ihr Ende findet.

Anfang Oktober hatte der 38-Jährige in einer Videobotschaft angekündigt, dass der Nationenwettbewerb, der an diesem Dienstag in Malaga mit dem Viertelfinale Spanien gegen die Niederlande beginnt, sein letztes offizielles Turnier sein wird: »Im Leben hat alles einen Anfang und ein Ende, und ich glaube, es ist der richtige Moment, um meine Karriere zu beenden, die erfolgreicher war, als ich es mir je hätte vorstellen können.« Selbst das klingt angesichts der Zahlen wie eine höfliche Untertreibung des zurückhaltenden Spaniers: 22 Grand-Slam-Titel, insgesamt 92 Turniersiege auf der ATP-Tour und 209 Wochen an der Spitze der Weltrangliste – mit Nadals Erfolgen können nur Novak Đoković und Roger Federer mithalten, die zu dritt eine Ära prägten, wie es sie im Tennis wohl nicht mehr geben wird.

Vor allem das Duell mit dem Schweizer Federer elektrisierte die Tenniswelt über ein Jahrzehnt lang. 2005, zwei Jahre nach Federers erstem Sieg in Wimbledon, gelang auch Nadal sein erster Grand-Slam-Erfolg bei den French Open in Paris. Danach waren beide auf ihren Lieblingsbelägen so gut wie unbesiegbar. Der Schweizer gewann ab 2003 fünfmal in Folge auf dem heiligen Rasen des All England Club, 2006 und 2007 gegen Nadal. Der Spanier wiederum jubelte viermal in Folge auf der roten Asche von Rolland Garros, dreimal gegen den Schweizer. Das Duell beider Ausnahmespieler gipfelte im Wimbledon-Finale 2008, dem wahrscheinlich besten Tennisspiel aller Zeiten. In knapp fünf Stunden rang Nadal seinen Rivalen, mit dem er inzwischen gut befreundet ist, dank seiner Athletik und seines Kampfgeistes im fünften Satz mit 9:7 nieder.

Der Sieg über den technisch so brillant spielenden Federer auf dessen Lieblingsbelag war Nadals endgültiger Durchbruch. Danach galt er nicht mehr nur als Sandplatzspezialist, sondern als absoluter Topspieler auf allen Belägen. Es folgten Titel bei den Australian Open und US Open. Nadal wurde zum Weltstar und bekanntesten Sportler seines Landes. Abseits des Platzes blieb der aus der Kleinstadt Manacor stammende Sportler immer bescheiden und zurückhaltend. Sein engster Freundeskreis stammt weiterhin aus seiner Heimatstadt, genauso wie seine Frau Maria Francisca.

Die Geschichte des schüchternen Jungen, der den Großteil seiner Karriere von seinem Onkel Toni trainiert wurde und sich von der Mittelmeerinsel auf den Weg machte, die Welt zu erobern, ist inzwischen eine Legende, die jeder Tennisfan kennt. Die wilde Mähne des jungen Nadal, seine ärmellosen T-Shirts und überknielangen Hosen gehören genauso zur Tennishistorie wie sein Vorhand-Top-Spin, der vielleicht beste Angriffsschlag auf Sand. Insgesamt 14-mal konnte Nadal damit die French Open gewinnen. Niemand triumphierte öfter bei einem Grand-Slam-Turnier. Passenderweise hat Nadal auch immer kurz vor dem Finale in Frankreich Geburtstag.

Im Sommer 2022 konnte Nadal dort zum letzten Mal doppelt feiern. Schon damals gab er allerdings zu, dass er die French Open nur mit Spritzen in seinen verletzten Fuß überstand. Seit seiner Jugend leidet Nadal an einer degenerativen Erkrankung, bei der Knochengewebe im Fuß abstirbt. Nach seinem Erfolg in Paris kamen noch weitere Verletzungen, an der Bauchmuskulatur und der Hüfte. Die athletische Spielweise des Spaniers forderte immer mehr ihren Tribut.

In seinem Abschiedsvideo gab Nadal deswegen auch zu: »Die Wahrheit ist, dass die letzten zwei Jahre sehr hart für mich waren. Ich konnte nicht ohne Einschränkungen spielen.« Zuletzt gab es auch in Paris zwei bittere Niederlagen. Bei den French Open scheiterte Nadal in diesem Jahr in Runde eins an Alexander Zverev. Wenig später kassierte er auch bei Olympia gegen Đoković eine glatte Niederlage.

Vom französischen Publikum, bei dem der Spanier ganz besonders beliebt ist, wurde er trotz seiner Niederlagen frenetisch gefeiert. So wird es auch in dieser Woche beim Davis Cup in Malaga sein, egal ob Nadal und Spanien gewinnen oder verlieren. Laut den Turnierveranstaltern hätte man auch weit über 80 000 Karten für die Spiele der Spanier verkaufen können. Alle wollen dabei sein, wenn der Sandplatzkönig seine letzten Bälle spielt.

Nadal selbst gibt sich wie immer zurückhaltend: »Ich bin hier, um diese Woche zu genießen, und dann schauen wir, was passiert.« Wann genau sein letztes Spiel sein wird, ist weiter offen. Er habe zuletzt wenig gespielt, sagte der Spanier während der Davis-Cup-Vorbereitung und fügte hinzu: »Wenn es keinen Sinn macht, dann werde ich der Erste sein, der das sagt.« Der König scheint im Reinen zu sein mit dem Karriereende.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.