Der Libanon wartet auf eine Feuerpause

Die israelische Armee bombardiert weiter Gebäude in der libanesischen Hauptstadt

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 5 Min.
Rauchschwaden ziehen über die südliche Vororte von Beirut nach einem israelischen Luftangriff am Dienstag inmitten des andauernden Krieges zwischen Israel und der Hisbollah.
Rauchschwaden ziehen über die südliche Vororte von Beirut nach einem israelischen Luftangriff am Dienstag inmitten des andauernden Krieges zwischen Israel und der Hisbollah.

Im Libanon scheint eine Feuerpause zum Greifen nahe. Am Dienstagnachmittag wollte das israelische Sicherheitskabinett über ein Abkommen für eine 60-tägige Waffenruhe mit der proiranischen Hisbollah beraten, sagte die stellvertretende israelische Außenministerin Scharren Haskel auf einer Pressekonferenz in Jerusalem. Sie machte jedoch keine näheren Angaben zum Inhalt des Abkommens, verwies auf die »Vertraulichkeit« und den »heiklen Charakter« der Angelegenheit. Allerdings sagte sie, dass es »auch eine Abstimmung« geben könne.

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Zeichen deuten auf Feuerpause

Seit Tagen schon gibt es von verschiedener Seite Anzeichen, dass sich die beiden kriegführenden Parteien einigen könnten, die Kämpfe einzustellen. Die US-Regierung ließ verlauten, eine Einigung sei »nahe«. Die französische Präsidentschaft sprach von »bedeutenden Fortschritten«. Auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock gab sich optimistisch beim Treffen der G7-Außenminister in Italien und sieht eine politische Lösung dank direkter Vermittlung durch die USA und Frankreich.

Ob ein Waffenstillstand zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz tatsächlich in »greifbarer Nähe« ist, wie Baerbock andeutet, entscheidet sich spätestens an diesem Mittwoch. Misstrauen gegenüber solchen, Optimismus verbreitenden Verlautbarungen bleibt notwendig. Zur Erinnerung: Im Gaza-Krieg hat die US-Regierung in den vergangenen Monaten gleich bei mehreren Verhandlungsrunden die Nachricht gestreut, dass die Gespräche über eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas auf einem guten Weg seien.

Zweckoptimusmus vermeiden

So wurde in der Öffentlichkeit die Hoffnung genährt, dass der Krieg bald ein Ende finden würde und die Geiseln freikämen. Nichts trügerischer als das: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat sich das Emirat Katar sogar als Vermittler aus den Verhandlungen zurückgezogen – und viele Beobachter zweifeln, dass ein Abkommen ohne Mithilfe Katars überhaupt zustande kommen kann.

Im Libanon scheinen die Chancen für eine Waffenruhe indes größer zu sein, darauf deutet schon die Beratung eines entsprechenden Vorschlags durch das Sicherheitskabinett. Doch fährt die israelische Regierung eine Doppelstrategie: Während sie einerseits mit der Hisbollah verhandelt, bombardiert die israelische Luftwaffe andererseits weiter dicht besiedelte Wohngebiete im Herzen der Hauptstadt Beirut sowie in den Vororten.

So sei im Zentrum ein Gebäude in der Gegend der Stadtteile Nuweiri und Ras Al-Naba angegriffen worden, berichteten Augenzeugen und Quellen im Sicherheitsbereich. Dem libanesischen Gesundheitsministerium zufolge wurden dabei mindestens drei Menschen getötet, mindestens 26 weitere verletzt. Israels Militär hätte keine Warnung für den Angriff veröffentlicht, berichtet die Deutsche Presse-Agentur.

Und auch am Boden schafft die israelische Armee Fakten, die die Gespräche und die Umsetzung einer Waffenpause entscheidend beeinflussen könnten. So hätten israelische Bodentruppen laut Militärangaben bei ihrem Vorstoß im Süden des Libanon den symbolträchtigen Litani-Fluss erreicht: Von Norden kommend fließt dieser in seinem letzten Abschnitt fast parallel zur rund 30 Kilometer entfernten israelisch-libanesischen Grenze in Ost-West-Richtung, bevor er bei Tyros ins Mittelmeer mündet.

Rückzug hinter Litani-Fluss

Die Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrates zur Beendigung des Libanonkriegs von 2006 sieht vor, dass sich keine militärischen Verbände außer der libanesischen Armee und der UN-Beobachtermission Unifil zwischen Litani-Fluss und Grenze aufhalten.

Auf der Plattform X veröffentlichte die israelische Armee ein Bild, das angeblich Soldaten beim Überqueren einer Brücke über den Litani-Fluss zeigen soll. Erklärtes Ziel der israelischen Regierung ist, dass sich die libanesische Hisbollah-Miliz dauerhaft hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht, damit ihre Kämpfer und Raketen nicht ohne Weiteres den Norden Israels bedrohen können – so wie es die UN-Resolution 1701 vorsieht. Dieser Grundsatz ist auch die Grundlage für den Entwurf einer Waffenruhe-Vereinbarung zwischen Israel und der Hisbollah; außerdem müssen sich die israelischen Truppen aus dem Libanon zurückziehen.

Unversöhnliche Töne aus Israel

Israel will in jedem Fall auf Nummer sicher gehen: Verteidigungsministers Israel Katz zufolge wird die Armee im Fall eines Bruches der Feuerpause sofort gegen die libanesische Hisbollah-Miliz zurückschlagen. »Es wird nicht mehr sein, wie es vorher war«, sagte Katz nach Angaben seines Büros bei einem Treffen mit der UN-Sonderkoordinatorin für den Libanon. »Wir werden gegen jede Bedrohung vorgehen, jederzeit und überall.«

Das klingt wenig versöhnlich und deutet eher auf eine widerwillige Bereitschaft zu einer Waffenruhe. »Jedes Haus im Süden Libanons, das neu aufgebaut und in dem eine Terrorbasis eingerichtet wird, wird zerstört«, ergänzte Katz und drohte: Gegen Wiederaufrüstung der Hisbollah und Versuche, Waffen ins Land zu schmuggeln, werde Israel mit Waffengewalt vorgehen: »Jegliche Bedrohung unserer Truppen oder der Bürger Israels wird sofort zerstört.« Von der UN-Friedenstruppe Unifil, die zuletzt mehrfach unter israelischen Beschuss geraten war, forderte Katz eine effektive Umsetzung einer Waffenruhe.

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