Vertrauensfrage von Scholz: Wahlkampf mit Hintertüren

Wolfgang Hübner über die Vertrauensfrage des Bundeskanzlers im Bundestag

Nach der Vertrauensabstimmung im Bundestag: Der Kanzler bespricht mit dem Bundespräsidenten die vorgezogenen Neuwahlen im Februar.
Nach der Vertrauensabstimmung im Bundestag: Der Kanzler bespricht mit dem Bundespräsidenten die vorgezogenen Neuwahlen im Februar.

Was am Montag im Bundestag stattgefunden hat, war keine Generaldebatte, sondern Wahlkampf pur. Denn allen ist klar, dass es spätestens nach der Abstimmung über die Vertrauensfrage von Olaf Scholz bis auf Weiteres keine Gemeinsamkeiten zwischen den Parteien mehr gibt, sondern dass in den kommenden Wochen jede für sich selbst kämpft. Es war eine Parade der Selbstdarstellung, bei der in der Disziplin Kaltschnäuzigkeit eindeutig der Ampel-Saboteur Christian Lindner vorn lag.

Mit der absichtlich verlorenen Vertrauensfrage des Bundeskanzlers ist die Ampel-Koalition endgültig beerdigt. Das Bündnis zwischen SPD, Grünen und FDP, vor drei Jahren als neuartiges Politikmodell des Fortschritts hochgejubelt, tauglich angeblich für mehrere Wahlperioden, hat sich vor der Zeit selbst zerlegt. Da ist nicht zusammengewachsen, was ganz offensichtlich nicht zusammengehört.

Was nach der Wahl im Februar folgt, ist völlig offen. Trotz aller Schärfe bleiben Hintertüren offen für künftige Koalitionen. Lieblingspartnerschaften wie Union und FDP oder SPD und Grüne dürften keine Mehrheiten bekommen. Gegenseitige Vorhaltungen wegen vergangener Versäumnisse sind müßig, weil sowohl Union als auch SPD in den letzten Jahrzehnten meist regierten. An den wirtschaftlichen und sozialen Defiziten haben beide ihre Aktie. Wer auch immer demnächst regiert – außenpolitisch kann man sich nur wünschen, dass nicht jene Hasardeure die Oberhand gewinnen, die in Sachen Rüstungslieferungen und Kriegsstimmung weder Nachdenklichkeit noch Besonnenheit kennen.

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