Unklarheit um Kobanê

Islamistische Milizen bereiten Angriff auf kurdische Stadt vor

  • Jakob Helfrich
  • Lesedauer: 2 Min.
Eine Statue in Kobanê erinnert an die YPJ-Kämpferin Arin Mirkan die im Kampf gegen den IS starb
Eine Statue in Kobanê erinnert an die YPJ-Kämpferin Arin Mirkan die im Kampf gegen den IS starb

Zum Jahreswechsel 2014/2015 war der Blick der Weltöffentlichkeit auf die kurdische Stadt Kobanê in Nordsyrien an der Grenze zur Türkei gerichtet. Der sogenannte Islamische Staat hatte die Stadt umzingelt und drohte sie komplett einzunehmen. Zehn Jahre später ist die Stadt aktuell ein weiteres Mal bedroht. Nachdem von der Türkei unterstützte islamistische Milizen in den vergangenen Wochen die Stadt Manbidsch angriffen und einnahmen, könnte die Stadt, die dem IS seine erste große Niederlage einbrachte, jetzt erneut zum Ziel von Islamisten werden.

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Seit der Einnahme von Manbidsch hatte es in der letzten Woche verschiedene Versuche gegeben, zwischen der von der Türkei unterstützten Syrischen Nationalen Armee (SNA) und den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) eine Waffenruhe zu verhandeln. Allerdings scheinen diese von den USA vorangetriebenen Bestrebungen nicht gehalten zu haben. Im Gegenteil soll es nach Angaben des »Wall Street Journals« entlang der syrischen Grenze und in den von der Türkei besetzten Gebieten in Syrien rund um die Stadt Kobanê Truppenbewegungen geben, die den Vorbereitungen der Invasion Nordsyriens im Herbst 2019 ähneln. Auch vom Süden drohen Kämpfer der SNA immer wieder damit, die Großstadt Raqqa angreifen und einnehmen zu wollen. Raqqa war bis zur Befreiung 2016 die Hauptstadt des IS-Kalifats in Syrien gewesen.

Sollte es zu einem Angriff auf die Selbstverwaltung kommen befürchtet die Außenbeauftragte der Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien, Elham Ahmad, dass 200 000 Menschen alleine aus der Region Kobanê fliehen könnten. Eine Besatzung würde die von der SNA und der Türkei kontrollierten Gebiete Syriens verbinden – ein strategischer Sieg. Die Selbstverwaltung betont seit dem Sturz von Assad ihre Bereitschaft, einen gesamtsyrischen Dialog mitzugestalten. Dass sie dabei einbezogen werden, ist weiter nicht garantiert. Von außerhalb Syriens kommen dazu geteilte Zeichen. Während die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock am Dienstag auf X mitteilte, in Kobanê dürfe es nicht erneut zu Blutvergießen kommen, erwähnte die EU-Komissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Kurd*innen, die Selbstverwaltung oder die Angriffe der islamistischen SNA bei ihrem Besuch in Ankara beim türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan mit keinem Wort. Sagte diesem aber eine Milliarde Finanzhilfen für die weitere Unterbringung von Geflüchteten zu.

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