Eskalation bei VW aufgeschoben

Felix Sassmannshausen über die Einigung bei Volkswagen

Nach historisch langen Verhandlungen sollen sie sich nun geeinigt haben: IG Metall und VW-Konzernvorstand
Nach historisch langen Verhandlungen sollen sie sich nun geeinigt haben: IG Metall und VW-Konzernvorstand

Die IG Metall und der Volkswagen-Vorstand haben sich in historischen Verhandlungen nach weit über 60 Stunden vorläufig auf ein Krisenpaket geeinigt. Zum befürchteten Kahlschlag kommt es wohl nicht, und auch der von der Gewerkschaft angedrohte »Streikhammer« bleibt vorerst aus. Die Einigung kurz vor den Feiertagen soll Einsparungen in Höhe von vier Milliarden Euro umfassen. Zwar sind betriebsbedingte Kündigungen vom Tisch und auch Standortschließungen soll es vorerst nicht geben. Aber der Konzern will bis 2030 bis zu 35 000 Stellen und Produktionskapazitäten abbauen. Neben der Gläsernen Manufaktur in Dresden ist die Zukunft des größeren Volkswagen-Werks in Osnabrück ab 2027 ungewiss. Im Raum steht eine Umnutzung oder der Verkauf – wenn die Belegschaft das zulässt.

Dass der Konzernvorstand sich mit seiner Strategie vom Sommer teilweise durchgesetzt hat, indem er in einem historischen Tabubruch bedeutende Tarifverträge aufkündigte, um Stellen abzubauen und Standorte zu schließen, dürfte vielen nicht schmecken. Denn das heißt auch, dass die Klassenkämpfe von oben rauer geführt werden, nicht nur bei Volkswagen.

Die Konzernkrise zeigt: Auf diese mittelfristige Entwicklung müssen sich die Gewerkschaften einstellen, um aus der defensiven Rolle wieder herauszufinden. Denn die grundlegenden Probleme sind trotz fragiler Einigung ungelöst: ökologische Transformation, Überakkumulation auf dem Weltmarkt sowie unausgereifte wirtschafts- und industriepolitische Konzepte. Wenn die Gewerkschaften darauf keine gesamtgesellschaftlichen, internationalen und solidarischen Antworten finden, werden die Kosten dieser Krisendynamik weiter auf die Belegschaften abgewälzt. Dann ist die nächste Eskalation von oben nur eine Frage der Zeit.

Der Kommentar wurde am 21. Dezember aktualisiert.

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