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Berlin: Deutschpflicht für Demos?
Sprachverbote sind undemokratisch, findet David Rojas Kienzle
Ist ab jetzt eine bestandene C1-Prüfung in Deutsch Voraussetzung, um in Berlin protestieren zu dürfen? Pauschale Sprachverbote werde es nicht geben, sagte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) in der Sitzung des Innenausschusses am Montag. Eine Klarstellung, die überhaupt erst nötig war, weil es »in Einzelfällen« schon zu solchen Sprachverboten gekommen war.
Zuletzt war am Samstag eine propalästinensische Demonstration mit einem solchen belegt worden. Nur Englisch und Deutsch durfte gesprochen, gesungen und gerufen werden. Die Veranstaltung wurde, nachdem ein Redebeitrag auf Hebräisch gehalten und ein Lied auf Arabisch abgespielt worden war, von der Polizei aufgelöst. Schon vorher hatte die Versammlungsbehörde allzu fremde Sprachen untersagt. Im April 2024 wurde Aktivist*innen auf einem propalästinensichen Protestcamp vor dem Bundestag verboten Irisch zu sprechen.
Auch wenn diese Verbote nur wiederholte »Einzelfälle« sein sollen, und mit vorherigen, teilweise tatsächlich nicht nur strafbaren, sondern auch verachtenswerten Ausrufen begründet werden, zeigt sich eine mehr als bedenkliche Tendenz: Präventives polizeiliches Handeln, das nicht der Verfolgung von Straftaten, sondern dem Verhindern von nicht eingetretenen, möglicherweise strafbaren Handlungen dient, wird immer weiter ausgeweitet.
Polizeipräsidentin Barbara Slowik hat zwar recht, wenn sie sagt, dass diese Verbote das mildere Mittel im Vergleich zu kompletten Demonstrationsverboten seien. Aber das kann weder der Maßstab sein, noch mindert dieser Vergleich auch nur ansatzweise, dass solche Verbote nicht nur diskriminierend, sondern vor allem verdammt undemokratisch sind.
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