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»Plagiatsjäger« erhält Kontra
Die Staatsrechtlerin Frauke Brosius-Gersodorf geht juristisch gegen Stefan Weber vor
Der wegen übler Nachrede verurteilte Stefan Weber machte zuletzt im Februar von sich reden: Für das getrost als rechtsextrem einzustufende Magazin »Nius« untersuchte der österreichische »Plagiatsjäger« die Dissertation »Die Natur der Literatur« von Robert Habeck. Mit Häme folgerte das Krawallmedium von Julian Reichelt, der grüne Politiker habe darin unwissenschaftlich gearbeitet und »im großen Stil« getäuscht. Unterschlagen wurde, dass vor 24 Jahren in der akademischen Welt weniger strenge Zitierregeln galten.
Nun will Weber sprachliche Übereinstimmungen zwischen der Dissertation von Frauke Brosius-Gersdorf und Publikationen ihres Ehemanns gefunden haben. Damit hat er der Staatsrechtlerin, die von der SPD als Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht vorgeschlagen war, ein weiteres Bein gestellt: Der selbsternannte Gutachter leitete daraus den Verdacht ab, ihr Mann könnte als Ghostwriter an der Arbeit beteiligt gewesen sein, und stellte sogar die Richtigkeit ihrer anderslautenden eidesstattlichen Versicherung infrage.
Seit mehr als zwei Jahrzehnten versucht Weber mit überzogenen Vorwürfen, Existenzen zu zerstören. Zu seinen prominenteren Fällen zählen die akademischen Arbeiten des heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, des damaligen EU-Kommissars Johannes Hahn und der ehemaligen Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger. Ihre einstigen Universitäten stellten zwar keine Verletzung wissenschaftlicher Standards fest – der Ruf der Angeschuldigten nahm dennoch Schaden. Fast tödlich endete die gemeinsame Jagd von »Nius« und Weber auf eine stellvertretende Chefredakteurin der »Süddeutschen Zeitung«, die danach offenbar einen Suizidversuch unternahm.
Menschen wie Reichelt und Weber profitieren von der Sensationslust vieler Menschen. Der »Plagiatsjäger« ist deshalb vielmehr ein Shitstormfischer, der die stetig verbesserten digitalen Suchmöglichkeiten für seine Zwecke nutzt. Die Entwicklung Künstlicher Intelligenz eröffnet ihm zusätzliche Werkzeuge. Es ist deshalb zu erwarten, dass von dem Aktivisten weiter zu hören sein wird. Eine Stoßrichtung hat er angedeutet: In einem Interview sagte Weber, dass auch Songtexte und Äußerungen von Prominenten untersucht werden könnten.
Brosius-Gersdorf lässt Weber nun über ihre Anwälte juristisch abmahnen: Er soll eine Unterlassungserklärung unterschreiben, die Vorwürfe zurücknehmen und rund 40 000 Euro Anwaltskosten übernehmen. Bis zum 13. August hat er Zeit zu reagieren. Weber zeigt sich unbeeindruckt und nennt die Forderung in einer Online-Reaktion ein »stümperhaftes Unterlassungsbegehren«. Seine abwertende Reaktion macht ihn nicht gerade glaubwürdiger.
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