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Tarifabschluss Deutsche Post: Gewerkschaft Verdi gegen Mitglieder
Die Verdi-Tarifkommission hat einen Abschluss gegen die Mehrheit der Mitglieder durchgedrückt
Im Schatten der größeren Tarifkämpfe im öffentlichen Dienst und bei der Berliner BVG gab es einen bemerkenswerten Mitgliederentscheid der Gewerkschaft Verdi bei der Deutschen Post. Dort stimmten 54 Prozent gegen das Verhandlungsergebnis vom 4. März. Nur 46 Prozent empfahlen der Tarifkommission die Annahme.
Das Ergebnis war vor allem mit Blick auf die lange Laufzeit von 24 Monaten in Zeiten wirtschaftlicher Unwägbarkeit kritisiert worden. Auch eine Lohnerhöhung im Rahmen eines reinen Inflationsausgleichs wurde von kritischen Mitgliedern moniert, ebenso wie das zunehmend gesundheitsgefährdende Arbeitspensum, das unangefochten geblieben sei.
Doch auch die Arbeitskampfführung geriet in die Kritik. Mit einzelnen Warnstreiktagen hätten die Kolleg*innen kaum Vertrauen in die eigene Stärke entwickeln können. Bereits 2023 hatte man einen schnellen, geräuschlosen Abschluss einem von 85,9 Prozent der Mitglieder befürworteten Erzwingungsstreik vorgezogen.
Nun also entschied sich die Tarifkommission gegen die Mehrheit. Zum Ausdruck gekommen sei, dass fast die Hälfte nicht für einen unbefristeten Streik bereitstünde. Den hätte eine Ablehnung notwendigerweise zur Folge gehabt, so Verdi. Satzungsmäßig braucht es dafür eine Dreiviertelmehrheit. Eine gesonderte Abfrage der Streikbereitschaft gab es aber nicht.
Es ist klar, dass zum Streik nur unter Erfolgsaussichten, also absehbar großer Beteiligung aufgerufen werden sollte. Doch Verdi muss gerade in Krisenzeiten aufpassen, dass die eigene Praxis nicht die mühsamen demokratischen Öffnungsbewegungen unterläuft – zumal in einem Unternehmen, dass aufgrund seine Profitabilität hohe Renditen ausschüttet und Anleihen zurückkauft.
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