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Berlin: SPD und CDU vor AfD-Verbotsverfahren

Antrag soll schon am Donnerstag im Abgeordnetenhaus beschlossen werden

Demonstration im Mai am Brandenburger Tor zum bundesweiten Aktionstag »Keine Ausreden mehr – AfD-Verbot jetzt!«
Demonstration im Mai am Brandenburger Tor zum bundesweiten Aktionstag »Keine Ausreden mehr – AfD-Verbot jetzt!«

Berlin könnte sich als erstes Bundesland mit Regierungsbeteiligung der CDU für ein Verbotsverfahren gegen die AfD aussprechen. Einen entsprechenden Antrag wollen SPD und CDU am Donnerstag ins Abgeordnetenhaus einbringen und sogleich abstimmen lassen, wie »nd« von dem SPD-Abgeordneten Marcel Hopp erfahren hat. Da beide Fraktionen im Parlament die Mehrheit haben, ist von einer Annahme auszugehen.

In dem Antrag, in dem die AfD nicht direkt benannt wird, heißt es, der Senat solle die Möglichkeiten und Mehrheiten »zur Einleitung eines entsprechenden Verfahrens ausloten, mit der zeitnahen Zielsetzung, eine entsprechende Bundesratsinitiative zu ergreifen, um diese dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen«.

»Der Antrag ist ein Auftrag an den Senat und den Regierenden Bürgermeister, sich im Bundesrat für ein Prüfverfahren einzusetzen, hierfür Mehrheiten auszuloten und zu organisieren«

Marcel Hopp SPD-Abgeordneter

Voraussetzung seien Anhaltspunkte, die nahelegten, dass sich die Ziele einer Partei oder das Verhalten ihrer Anhänger gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richteten. Ein starker Anhaltspunkt sei etwa gegeben, wenn das Bundesamt für Verfassungsschutz eine entsprechende Partei »gerichtsfest« als gesichert extremistische Bestrebung eingestuft habe. In diesem Sinne wären auch linksextremistische Organisationen von Antrag umfasst.

Für den Marcel Hopp richtet sich der Antrag jedoch eindeutig gegen die AfD: »Der Antrag ist ein Auftrag an den Senat und den Regierenden Bürgermeister, sich im Bundesrat für ein Prüfverfahren einzusetzen, hierfür Mehrheiten auszuloten und zu organisieren«, sagte der SPD-Abgeordnete. »Das kann sofort passieren, wir müssen dafür nicht auf ein Urteil aus Köln warten. Die Indizienlage als Voraussetzung für einen Prüfantrag ist eindeutig«, sagte Hopp weiter.

Gegenwärtig prüft das Verwaltungsgericht Köln eine Einstufung des Bundesamts für Verfassungsschutz der AfD als rechtsextremistisch. Wann eine Entscheidung hierzu fällt, ist offen.

Der Antrag von CDU und SPD ersetzt den ähnlichen Antrag »Jetzt ein AfD-Verbotsverfahren einleiten!« von Grünen und Linken. Dieser Antrag war in den beratenden Ausschüssen für Bundesangelegenheiten und Verfassungschutz von SPD und CDU abgelehnt worden. Auf Initiative der SPD war in der Regierungskoalition dann an einem eigenen Antrag gearbeitet worden.

»Ich rechne damit, dass der Antrag morgen die Zustimmung aller demokratischen Fraktionen im Abgeordnetenhaus findet«, sagte Hopp am Mittwoch. »Das wäre dann die erste Koalition auf Landesebene unter Beteiligung der CDU, die sich für eine Bundesratsinitiative ausspricht und diese initiieren will.«

Der Grünen-Abgeordnete Ario Mirzaie empfahl seiner Fraktion die Annahme des Antrags, den er auch als einen Ertrag der Oppositionsarbeit deutete. Der Koalitionsantrag sei aber hinter die Erwartungen zurückgefallen. Es sei bedauerlich, dass die Worte AfD und Rechtsextremismus nicht enthalten sind. »Aus dem politischen Kontext heraus, dass es sich um eine Ersetzung unseres Antrags mit der Linken handelt, erwarte ich, dass er sich gezielt gegen die AfD und Rechtsextremismus richten wird«, sagte Mirzaie zu »nd«.

Die Linke stellte hingegen eine Enthaltung in Aussicht. Die Fraktionsvorsitzende Anne Helm zeigte sich angesichts des von SPD und CDU vorgelegten Ergebnisses empört. »Ich bin fassungslos. Aus meiner Sicht ergibt sich aus dem Antrag kein klarer Handlungsauftrag. Es steht nämlich nicht drin, dass der Senat über den Bundesrat eine Prüfung der AfD beantragen soll«, sagte Helm zu »nd«. Um der SPD Zeit zu verschaffen, die CDU von einem Verbotsverfahren zu überzeugen, hatten Linke und Grüne die Abstimmung zu ihrem zuletzt Antrag vertagt.

Sie habe das »ungute Gefühl«, sagte Helm, »dass hier ein Antrag geschrieben wurde, mit dem beide Koalitionspartner Gesicht wahren können – ohne reale Konsequenzen«. So könne die Demokratie nicht verteidigt werden. »Eine Annahme des Antrags kann ich meiner Fraktion daher nicht empfehlen«, sagte Helm.

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