Neue Bundesregierung gibt keine Antwort auf die AfD

Unten Leistungen kürzen, oben auf Einnahmen verzichten, wie soll das helfen?

Friedrich Merz un Lars Klangbeil bei der Pressekonferenz nach der Einigung zum Koalitionsvertrag.
Friedrich Merz un Lars Klangbeil bei der Pressekonferenz nach der Einigung zum Koalitionsvertrag.

Nach dem Wahlergebnis der Bundestagswahl und erst recht nach der jüngsten Wahlumfrage, die die AfD vor der Union sieht, ist klar, dass diese Koalition daran gemessen wird, ob sie dem Aufstieg der Rechtsextremen etwas entgegensetzt. Das ist, wenn man ihren Verlautbarungen glaubt, auch den Koalitionären in spe bewusst. Mit ihren Plänen für die kommenden vier Jahre bleiben Union und SPD jedoch weit hinter diesem Anspruch zurück.

Statt mehr von den Reichen zur Finanzierung staatlicher Aufgaben zu verlangen, sollen Unternehmenssteuern gesenkt werden. Maßnahmen für den Klimaschutz werden zurückgefahren, die Politik gegenüber Arbeitslosen und Migranten verschärft. Union und SPD versprechen, die Polarisierung im Land zu verringern. Doch womit genau? Unten Leistungen kürzen, oben auf Einnahmen verzichten, wie soll das helfen? Tatsächlich bieten sie nur die alte falsche Formel an: Was der Wirtschaft hilft, hilft Deutschland und damit auch den Menschen. Als hätten die nicht schon oft genug die Erfahrung gemacht, dass Unternehmensgewinne sprudeln, während ihre Einkommen stagnieren. In der Ankündigung, man werde priorisieren müssen und sich nicht mehr alles leisten können, klingen bereits die kommenden Verteilungskonflikte an.

Im Kern geben Union und SPD mit solchen Schwerpunktsetzungen der AfD recht. Nicht in jeder einzelnen Maßnahme, schon weil die Afd sich in ihren Forderungen weiter radikalisiert hat, je mehr die anderen Parteien von ihr übernommen haben. Aber in der Analyse, was die gesellschaftlichen Probleme sind und wie ihnen zu begegnen wäre. Mit ihrem Versprechen, die sogenannte irreguläre Migration weitgehend zu beenden, bedient Union und SPD auch noch die schlimmste Propagandalüge der AfD, an den gesellschaftlichen Problemen seien vor allem die Flüchtlinge schuld.

Demokratische Politik kann nur ein Gegengewicht zur AfD bilden, wenn sie Lösungen anbietet, die das Leben und die Perspektiven der Menschen besser macht. Die Herausforderungen entweder zu ignorieren oder mit neuen Zumutungen zu beantworten, führt in die falsche Richtung. Der AfD ist so nicht beizukommen.

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